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Patricia Kelly – Mitglied der Kelly Family, Solokünstlerin, Buchautorin

Kameras sind unerbittlich. Aber sie zeigen nur das, was „vor den Kulissen“ passiert. Was er mit seinen Gästen „hinter den Kulissen“ und „abseits der Kameras“ erlebt hat, erzählt Moderator Klaus Depta hier. Zum Beispiel mit

Patricia Kelly – Mitglied der Kelly Family, Solokünstlerin, Buchautorin

Es klingelt ein paar Mal, dann das typische Knacken, wenn eine Telefonleitung endlich freigeschaltet ist. Und zum ersten Mal telefoniere ich mit dem „russischen Märchenprinzen“. Nicht mit meinem, aber mit dem von Patricia Kelly. So hat sie ihren Mann Denis Sawinkin genannt, nachdem sie ihn näher kennen- und dann auch lieben gelernt hatte. Arrogant sei Denis ihr anfangs vorgekommen, schreibt Patricia in ihrem Buch. Oder erzählt sie das in irgendeiner Talk-Show? Aber eben nur am Anfang.

Märchenprinz Denis

Von Arroganz kann ich keine Spur entdecken. Ich telefoniere mit jemandem, der mich nicht kennt, dem ich versuche klarzumachen, wie großartig es wäre, wenn seine Patricia bei „Talk am Dom“ auftreten würde. Leider für Noppes, wie man so sagt. Gut, einen Appel und ein Ei gibt es für das Vortragen von ein paar Songs. Aber für den Talk gibt es kein Honorar.
Denis ist wahnsinnig freundlich. Aufmerksam hört er mir zu. Versucht herauszuhören, ob da jemand am Telefon ist, der seine Patricia für eine spinnerte Idee ködern will. Oder ob das Ganze doch Hand und Fuß hat. Ein geduldiger Agent, viel angenehmer, als ich manch anderen Menschen in dieser Funktion erlebt habe. Keiner, der zum Wegbeißen eingestellt ist, als Wachhund, wie ich das bei dem einen oder anderen Künstler schon erfahren musste. Aber jemand, der schützen muss und will. Schützen, was er liebt. Der Dinge von seiner Frau fernhalten will, die ihr nicht guttäten. Und deshalb alle möglichen Engagements auf Herz und Nieren prüft. Eine spannende Doppelrolle, die Denis da ausübt. Und, wie ich später beim persönlichen Kennenlernen feststelle, ein wahnsinnig netter, ungemein hilfsbereiter Typ.

Er werde Patricia erklären, was „Talk am Dom“ ist. Sie werde dann selbst entscheiden, ob sie teilnehmen werde oder nicht. Sehr offen formuliert Denis. Aber nach unserem Gespräch habe ich den Eindruck, dass er Patricia zuraten wird. Wenige Tage später dann tatsächlich die Zusage: Patricia Kelly, die mit der Kelly Family in vielen Jahren Hunderttausende Menschen mit ihrer Musik glücklich gemacht hat, wird an unserer kleinen „Talk am Dom“-Produktion teilnehmen.

Persönliche Begegnung mit Patricia Kelly

Als Patricia und ich uns dann in Fulda erstmals persönlich begegnen, bin ich trotz aller Vorbereitung auf das Gespräch überrascht. Eine eher zierlich wirkende Frau, Mutter von zwei Söhnen, zurückhaltend, abwartend; und eine starke Frau, die neben Deutsch und Englisch auch Französisch, Spanisch, Italienisch und Niederländisch spricht, die mit ihrer singenden Familie über 20 Millionen Tonträger verkauft hat… und unglaublich natürlich daherkommt. Fast ein bisschen verhalten, ganz sicher auch mich prüfend. Wie weit darf sie sich öffnen? Wie weit darf sie mir vertrauen? Oder gehöre ich zu den Moderatoren, die ganz nett tun, um dann den Gast mit ein, zwei gut zurechtgelegten Seitenhieben in die Pfanne zu hauen?

Um es kurz zu machen: Als ich Patricia wenige Wochen später anfrage, ob sie Lust habe, auf eine lose Tour durch mehrere katholische Kirchen zu gehen, erhalte ich innerhalb kürzester Zeit eine Zusage und Terminvorschläge ihrerseits. Ob sie beim Hessentag 2015 in Hofgeismar einen Solo-Abend gestalten möchte? Zusage, wieder innerhalb kürzester Zeit. Ob sie,


dieses Mal mit Band, 2016 beim Stadtfest in Fulda auftreten mag? Da braucht es eine kurze Einschätzung, ob sie die Band zusammenbekommt, ob die Zeit zum Proben reicht. Und wieder bekomme ich eine positive Rückmeldung. Auch dann, wenn zum Zeitpunkt der Zusagen noch lange nicht alle Details geklärt sind. Da scheint Vertrauen gewachsen zu sein. Vertrauen, das man sich aufeinander verlassen kann. Und notfalls Schwierigkeiten mit ein bisschen Improvisation und guten Willen beseitigt. Stichwort Schwierigkeiten: Patricia Kelly ist das Gegenteil von kompliziert. Darf man das Wort „pflegeleicht“ angesichts dieser Künstlerin gebrauchen? Ich hoffe es.

Vertrauen

Natürlich ist auch durch unser Gespräch bei „Talk am Dom“ Vertrauen gewachsen. Nein, zum Thema Brustkrebs mag sie an diesem Abend nicht allzu viel sagen. Am liebsten gar nichts. Dazu fühlt sie sich an diesem Abend nicht stark genug. Also frage ich auch nicht groß danach. Stattdessen reden wir über ihre Biographie. Darin gibt es mehr als genug interessante Gesprächspunkte. Wahrscheinlich hätte ich das Buch noch viel schneller verschlungen, hätte da nicht die Notwendigkeit bestanden, immer wieder Post Ist an viele Textstellen zu kleben. Denn zu diesen Passagen möchte ich sie bei „Talk am Dom“ näher befragen. Viele sind es. Am Ende können wir wenigstens die wichtigsten Punkte besprechen. Die vielen Post Its und die konkreten Fragen bringen mir eine nette Zeile eines Berichterstatters über diesen Abend ein: „Der Moderator hatte das Buch wohl tatsächlich gelesen“ – so oder ähnlich textete er über das Gespräch von Patricia und mir. Ja klar, was denn sonst?

Kirchenkonzert

Patricia Kelly ist freundlich, liebenswürdig, unglaublich offen, weiß aber trotzdem genau, was sie will: Vor allem will sie eine Künstlerin zum Anfassen sein. Nicht im wortwörtlichen Sinn, aber zumindest im übertragenen. Das erlebe ich am Rande eines der Kirchenkonzerte, die ich in Pfarrgemeinden organisiere. Quasi als Vermittler zwischen Pfarrgemeinde und Künstlerin – Denis ist nicht mitgekommen – bin ich bei mehreren dieser Konzerte dabei. Patricia scheint sich zu freuen, ein bekanntes Gesicht als Ansprechpartner zu haben. Und sie entschuldigt sich regelrecht bei mir, dass sie vor dem Konzert doch noch eine gewisse Zeit allein verbringen möchte. Für mich kein Grund, um sich zu entschuldigen. Jeder hat seine eigene Art und Weise, sich auf einen Auftritt vorzubereiten. Bei Patricia weiß ich mittlerweile, dass die Ruhe, das Schweigen dazugehören. Und ein Gebet. So sammelt sie sich, so will sie ihr Bestes aus sich herausholen. Das ist ihr wichtig. Und das gelingt ihr. Jedes Mal! So auch bei diesen Kirchenkonzerten.

Jeweils nach den Konzerten, so haben wir das vereinbart, wird es ein schlichtes, einfaches Abendessen geben, möglichst nicht allein. Also isst sie in der Regel mit dem jeweiligen Pfarrer vor Ort im Pfarrhaus. Nur nichts Großes. Einfach das, was die Pfarrhaushälterin auf den Tisch bringt. Oder, falls der Pfarrer keine eigene Haushälterin hat, eben das, was jemand aus der Gemeinde für diesen Anlass zubereitet hat. Der Weltstar macht sich ganz klein. Ja, Patricia ist ganz klein. Von Weltstardünkel keine Spur. Ein ganz normaler, sehr liebenswerter Mensch.

Nicht nur in den Augen der Fans: eine starke Frau

Ist das Konzert das Wichtigste an solch einem Abend? Oder sind die Begegnungen mit den Menschen im persönlichen Gespräch, nach den Konzerten, vielleicht noch wichtiger. Ganz sicher bin ich mir nicht. Aber zwischen Konzert und Abendessen ist Patricia für ihre Fans da. Ja, da signiert sie auch CDs, Vinyl und Bücher. Aber vor allem führt sie Gespräche mit ihren Fans.
An manchen Abenden stehe ich in respektvollem Abstand daneben, bereit, notfalls auch einzugreifen. Man weiß ja nie… Was besprochen wird, höre ich nicht, will ich auch gar nicht hören. Aber ich sehe die Gesten, spüre die Freundlichkeit und – ja, das ist kein Kitsch, das ist Realität: die Liebe, die von Patricia auf ihre Fans ausstrahlt.
Eine junge Frau hatte schon eine Zeitlang gewartet, damit sie endlich an der Reihe ist, um mit Patricia zu sprechen. Weil wir nebeneinanderstehen, schüttet sie mir ihr Herz aus. So weiß ich: ein junger Mensch, der nichts anderes, keinen anderen Halt in seinem Leben hat als die Lieder der Kelly Family, ein junger Mensch, der vor allem Patricia als Vorbild sieht. Die Künstlerin ist in den Augen der jungen Frau eine, die das Leben gemeistert hat; die es geschafft hat, schon viel früher in der Familienband mitzumachen als es der gestrenge Vater ursprünglich zulassen wollte; die nicht nur auf der Bühne ihre Frau steht, sondern viele Jahre auch so etwas wie der Buchhalter der Familienband war; die nach einer äußerst gefährlichen Rückenmarkserkrankung, verbunden mit starken Schmerzen und Lähmungen, monatelang ans Bett gefesselt war und sich auf die Bühne zurückgekämpft hat; eine, bei der eine aggressive Vorstufe von Brustkrebs entdeckt wurde – dieselbe Erkrankung, die den Kellys früh die Mutter nahm; eine Frau, die signalisiert, ihre Kraft nehme sie aus dem Glauben, aus dem persönlichen Gebet.

Licht aus!

So einer Frau kann man vertrauen. So eine Frau kann man als Vorbild ansehen. Patricia Kelly als moderne Heilige, als Vorbild? Zumindest an diesem Abend würde ich das sofort unterschreiben. Und augenscheinlich sieht das auch die junge Frau so, die erst wenige Minuten vorher mir mir gesprochen hat. Jetzt spricht sie mit Patricia, viel eindringlicher, viel emotionaler. Das lese ich an der Mimik und Gestik der beiden Frauen ab. Patricia hört lange zu, geduldig und aufmerksam, lässt keinen Moment in ihrer Konzentration nach – und das trotz eines anstrengenden Solo-Auftritts und schon einer Reihe von ähnlichen Gesprächen. Beruhigend, bestärkend spricht sie zu der jungen Frau. Und plötzlich, mitten im Satz, geht das Licht aus. Stockdunkel ist es in der Kirche. Während ich mich bemühe, wieder Licht in die Kirche zu bringen, bringe ich auch Licht in das Dunkel der Angelegenheit: Der Haushälterin des Pfarrers hat die Belagerung der Künstlerin durch deren Fans zu lange gedauert. Irgendwann muss es ja nun ans Essen gehen. Also hat die Haushälterin kurzerhand mal das Licht in der Kirche ausgeschaltet. Ein starkes Zeichen. Eines das sagt: Genug ist genug.

Sie sagt, wann es genug ist

Patricia Kellys Antwort ist stärker. Sie allein sagt, wann es genug ist. Und jetzt ist es wohl noch lange nicht genug. Das Essen muss warten. Die junge Frau ist ihr wichtiger. Patricia bleibt ganz ruhig, bleibt weiter bei der jungen Frau stehen. Und bringt das Gespräch wieder in Gang. Die Kraft und der Trost, die in diesem Moment von ihr ausgehen, scheinen sich auf die junge Frau zu übertragen. Gänsehaut pur! Alles echt, kein bisschen Show. Und auch von mir nichts hinzugefügt, kein bisschen „literarische Freiheit“. Alles genau so erlebt. Nur in welcher Pfarrgemeinde – darüber decke ich mit Blick auf den Pfarrer und seine Haushälterin den Mantel des Schweigens. Aber es hätte an jedem Ort passieren können. Kein Konzert, das ich erlebe, nach dem sich Patricia nicht lange und ausführlich ihren Fans widmet. Ihnen das gibt, weshalb sie neben der Musik gekommen sind: von jemandem angenommen zu werden, Kraft zu bekommen, etwas von Patricias Stärke und Selbstvertrauen abzuzwacken. Bekommen die Fans Liebe? Für mich ist die Antwort ein eindeutiges Ja. Eine ganz starke Frau!

Hessentagskonzert, Hofgeismar 2016

Die ich auch für einen Moment ganz schwach erlebe, demütig. Beim Hessentag in Hofgeismar bereitet sich Patricia auf ihren Auftritt in der Kirche vor. Sie allein in einem schmucklosen Raum, der ihr als Garderobe dient, ich im Flur im Gespräch mit einigen Leuten vor Ort, die ich seit längerem kenne. Plötzlich öffnet sich die Tür, Patricia tritt zu uns. Ihre Vorbereitungen sind abgeschlossen. Und zufälligerweise kommt in diesem Moment auch der katholische Pfarrer hinzu. Ob er der Gemeindepfarrer sei, fragt ihn Patricia. Als der Pfarrer bejaht, bitte die Künstlerin, der Weltstar, den „katholischen Dorfpriester“, sie zu segnen. Kurz vor dem Auftritt holt sich Patricia ihre Kraft „von ganz oben“. Da kann ja gar nichts mehr schiefgehen. Und ja, es wird ein großartiges Konzert, eines, bei denen die Zuhörerinnen und Zuhörer sich anrühren lassen von dem, was Patricia ihnen erzählt und worüber sie singt.

Wieder mit der Kelly Family

Dass es derartige Konzerte in nächster Zeit kaum noch geben wird, signalisiert der „russische Märchenprinz“ bei einem unserer späteren Gespräche. Da pfeifen es die ersten Spatzen bereits von den Dächern: Patricia wird mit einigen ihrer Geschwister wieder als Kelly Family gemeinsame Sachen machen. Irgendwie auch gut so. Denn so können sich viele Menschen an der singenden Familie und ihrer lebensbejahenden Botschaft, ihrer Lebensfreude erfreuen und von ihr mitreißen lassen. Aber irgendwie auch schade. Ob Patricia als Teil der Familie weiterhin so hautnah für ihre Fans da sein kann? Das weiß wohl nur sie selbst. Ich hoffe es. Denn das macht einen Teil des Wesens dieser menschenfreundlichen Frau aus.

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