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Pater Martin Wolf – Superior im Kloster Hünfeld und stellvertretender Offizial im Bistum Fulda (bis 2018)

Kameras sind unerbittlich. Aber sie zeigen nur das, was „vor den Kulissen“ passiert. Was er mit seinen Gästen „hinter den Kulissen“ und „abseits der Kameras“ erlebt hat, erzählt Moderator Klaus Depta hier. Zum Beispiel mit

Pater Martin Wolf – Superior im Kloster Hünfeld und stellvertretender Offizial im Bistum Fulda

Der Superior, also der „Chef“ eines Klosters, zudem noch im unbekannten Hünfeld und dann noch bei einem Orden, der neben bekannten Ordensgemeinschaften wie Jesuiten, Franziskanern und Dominikanern völlig unbekannt erscheint. Da ist ja selbst der Orden Prieuré de Sion um einiges bekannter. Und der entstammt, zumindest als Geheimgesellschaft, der Phantasie von Dan Brown. Was allerdings angesichts des Welterfolgs von Büchern und Film rund um den „da Vinci Code“ nun auch nicht weiter verwundert. Aber der Oblatenorden? Was ist das denn? Und was kann dessen „Chef“ schon Besonderes erzählen?
Um es kurz zu machen: eine ganze Menge. Und Martin Wolf ist so sehr das Gesicht des Bonifatiusklosters in Hünfeld, dass er bei seinem Abschied im Jahr 2018 mit höchstem Lob überhäuft wird. Schade, dass einer wie er das Kloster verlässt, um sich neuen Aufgaben zuzuwenden. Dabei haben wir allerdings ein paar Jahre vorher, als er bei „Talk am Dom“ zu Gast war, beide noch nichts gewusst.

Hünfeld und der Oblatenorden

Der Oblatenorden, oder genauer: der Orden der Oblaten der unbefleckten Jungfrau oder kirchensprachlich „Oblati Mariae Immaculatae“ wird 1816 von Eugen von Mazenod gegründet. Ursprünglich wollte Mazenod, später immerhin Erzbischof von Marseille, mit seiner Ordensgründung missionierende Priester für die Bevölkerung in der Provence gewinnen. Das Bonifatiuskloster in Hünfeld wird mit seiner Gründung im Jahr 1895 zur ersten deutschen Niederlassung dieses Ordens. Von Anfang an boomt das Kloster, um es einmal modern auszudrücken. Zeitweilig leben bis zu 200 Menschen in ihm, rund drei Viertel davon Studenten der Theologie. Denn das Kloster im beschaulichen osthessischen Hünfeld beherbergt bis 1971 eine eigene philosophisch- theologische Hochschule. Und bildet junge Männer zu Priestern und Missionaren aus. In solch einer Einrichtung „Chef“ zu sein, verlangt schon nach einer klaren Führungspersönlichkeit.

Bäcker, Fliesenleger, Priester, Ordensoberer

Die ist Martin Wolf ohne Zweifel. Auch wenn das ursprünglich nicht den Anschein hatte. Großgeworden als einer von fünf Brüdern in einer Bäckerfamilie hatte er ursprünglich alles andere vor als nun gerade Frontmann in einer kirchlichen Organisation zu werden. So machte der geborene Heidelberger auch erst über Umwege sein Abitur, nämlich an einer Abendschule, dem Nikolauskloster in Jüchen (NRW).


In dieser Zeit sammelte er Erfahrungen in einer Reihe von Berufen, übte sich im Musizieren, Fliesenlegen und, na klar, auch dem Backen. Wie sagt er selbst über sich: „Ich habe zwar keinen (handwerklichen) Beruf erlernt, kann aber vieles!“ Vor allem lernte er in dieser Zeit wohl, die Menschen zu beobachten. Hätte er mehr mit Martin Luther gemein, würde er wohl selbst sagen, er habe den Leuten aufs Maul geschaut. Aber noch mehr, nämlich auch ins Herz.

Menschen erst nehmen

Eine der vielen Begabungen von Martin Wolf ist es, die Menschen in ihren Sorgen und Nöten ernst zu nehmen. Klar, nichts ist beliebig und niemand ist in der Lage, sich sein Leben zu malen oder – um im Bild zu bleiben – zu backen. Man muss die Herausforderungen in seinem Leben schon annehmen, kann nicht vor ihnen davonlaufen, würde Martin Wolf vielleicht sagen. Ganz sicher kann man aber zwischen, vielleicht auf trotz all dessen, was das Leben von jedem verlangt, auch danach suchen, wie das Leben erträglich wird. Wie sich Lösungen finden lassen, die ethisch-moralisch in Ordnung sind, aber den Menschen helfen. Vielleicht ist es diese Sichtweise des Lebens, die Martin Wolf zum Stellvertreter im Offizialat im Bistum Fulda hat werden lassen. Also: zum zweithöchsten Kirchenrichter auf dem Gebiet der Diözese.

Kirchengericht: Annullierung von Ehen

Kirchenrecht? Vereinfacht gesagt: Auch jeder Katholik, jeder einfache Gläubige bis hin zu Priestern und Ordensleuten untersteht selbstverständlich den staatlichen Gesetzen. Trotzdem gibt es Punkte, in denen die Kirchenlehre von diesen abweicht. Nach katholischer Lesart können Ehen nicht aufgelöst werden, selbst wenn der Staat die Scheidung kennt. Wer für die Kirche weiterhin als verheiratet gilt, wird von ihr kein zweites Mal verheiratet. Aber es gibt weitaus mehr Fälle als man denkt, in denen Menschen zwar vor dem Staat als verheiratet gelten, es nach katholischer Vorstellung nie waren. Zum Beispiel wenn bereits vor der Eheschließung für einen der Partner feststand, dass er niemals ein Kind haben wollte. Oder wenn die Eheschließung erzwungen war – durch Menschen oder durch konkrete Lebensumstände. Dann gilt die Ehe als niemals bestanden. Das allerdings prüft das Kirchengericht, also auch Martin Wolf.

Kirchenrecht: Beispiel Missbrauch

Ein anderer Fall: Gerade im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch wird immer wieder die Behauptung erhoben, Staatsanwälte überließen die Gerichtsbarkeit den Kirchen. Völlig falsch. Grundsätzlich wird jeder Fall nach staatlichem Recht beurteilt. Und ggf. auch verurteilt. Trotzdem kann es sein, dass ein Gericht einen Angeklagten nicht verurteilt. Zum Beispiel wenn ein Fall nach geltendem staatlichen Recht verjährt ist. Jeder Fall wird trotzdem vom Kirchengericht geprüft. So kann es geschehen, dass staatlicherseits zwar keine Verurteilung mehr erfolgt, aber trotzdem jemand gegen das Kirchenrecht verstoßen hat. Und dementsprechend angeklagt und ggf. verurteilt wird. Wieder ein Fall für Martin Wolf.

Klare Ansage

Er ist ein Mann, der gradlinig und deutlich sagt, was katholisch ist und was es bedeutet, katholisch zu sein. Schließlich hat er es gelernt, schließlich vertritt er als Superior, wie es offiziell heißt, eine Ordensgemeinschaft sowohl in ihrem Inneren wie auch in der Öffentlichkeit. Und letztlich muss er es als jemand, der in theologischen Grundfragen Recht sprechen soll, auch wissen. Ein in der Sache klarer Mann, der an dem, was rechtens ist und was nicht, keinen Zweifel lässt. Erlebt habe ich ihn bei Seminaren für Lehrerinnen und Lehrer, wo er – wie bei „Talk am Dom“ über die Unauflöslichkeit der Ehe, aber auch an den Situationen, die eine Ehe als so genannte Ehehindernisse erst gar nicht zustande kommen lassen, gesprochen hat. Nicht jedem haben die Ergebnisse gefallen. Aber jeder konnte die klare Haltung und die Konsequenz in der Lehre, die zu diesen Ergebnissen führen, nachvollziehen.

Treu bleiben und neue Wege gehen

Die Klarheit, mit der er agiert, trifft auch andere Bereiche. Dass die Kirche sich treubleiben und gleichzeitig neue Wege gehen muss, ist für ihn selbstverständlich. Frauenfrühstück und Männerbrunch im Kloster, die Nutzung moderner Medien bis hin zu einem eigenen YouTube-Kanal, Großveranstaltungen wie weltjugendtag@home, wobei das Kloster zum Zuhause wurde, ganzheitliche Urlaube im Kloster, Praise im (Kloster-) Park und vieles mehr zeugen von seinen Managerqualitäten. Die Erfolge dieser und anderer Veranstaltungen zeigen, wie sehr seine verbindende, aber auch verbindliche, zuverlässige Art die Menschen mitreißt. Ach ja, dass er das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden weiß, steht ohnehin außer Frage: Als im Bonifatiuskloster ein altes Rezept für eine „Klosterlikör“ wiederentdeckt wurde, hatte Martin Wolf keine Einwände, das Gebräu wieder produzieren zu lassen. Mit einem kleinen Augenzwinkern bekam das leckere Stöffchen den Namen „Oblatine“ verpasst – eine gern ergriffene Gelegenheit, den Orden der Oblaten etwas bekannter zu machen. Schließlich muss man zum Klosterladen kommen, um ihn zu kaufen…

Ruf in den Vatikan

Übrigens: Die Fähigkeiten von Martin Wolf sind auch in Rom nicht unbemerkt geblieben. Nach seinem für viele einfachen Gläubigen überraschenden Weggang von Hünfeld ins Münsterland konnte er sich auch da einen äußerst guten Ruf erwerben. Nach nur zwei Jahren erhielt er jedoch einen Ruf aus dem Vatikan. Ob er sich vorstellen könnte, dort als eine Art Koordinator und Verbindungsmann für alle Ordensgemeinschaften im deutschsprachigen Raum zu arbeiten? Ein Angebot, das man einfach nicht ablehnen kann. Na gut, dieses Zitat aus dem Paten ist vielleicht eine andere Geschichte. Und diese hier auch: Wetten, dass… wir von diesem Mann in den nächsten Jahren noch hören werden? Top, die Wette gilt!

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