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Friedhelm Dauner – singender Pfarrer aus Gersfeld

Kameras sind unerbittlich. Aber sie zeigen nur das, was „vor den Kulissen“ passiert. Was er mit seinen Gästen „hinter den Kulissen“ und „abseits der Kameras“ erlebt hat, erzählt Moderator Klaus Depta hier. Zum Beispiel mit

Friedhelm Dauner – singender Pfarrer aus Gersfeld

Das Spannendste am Journalistenberuf ist aus meiner Sicht das Kennenlernen von Menschen, ihren Lebensentwürfen, Vorstellungen und Ideen. Wer schwerpunktmäßig Rundfunkbeiträge zum Thema „Kirche“ erstellt, lernt logischerweise im Laufe seines

Kirchliche Rundfunksprecher

Berufslebens jede Menge Protagonisten der Kirche kennen. Vor allem dann, wenn er dabei auch eine spezielle Rubrik zu betreuen hat, in der Geistliche, Ordensleute und sonstige kirchliche Mitarbeiter in kurzen Monologen über „Gott und die Welt“ philosophieren sollen. Wobei „philosophieren“ deutlich zu kopflastig klingt. Mal gelingt das gut, mal weniger gut. Mal muss man mit den Autoren sehr viel arbeiten, mal weniger viel. Und manchmal müsste man sehr viel mit ihnen arbeiten, weiß aber, dass die Liebesmühe eh kaum lohnt. „Beratungsresistent“ hat das mal jemand genannt. Gott sei Dank gibt es solche Autoren nur selten.

Hobbys: sonne und sonne

Weitaus öfter gibt es aber Geistliche und Ordensleute, die sich stark engagieren, einen „sauguten Job“ machen, wie man vielleicht etwas lax sagen kann. In jedem Fall eröffnen die regelmäßigen Aufnahmen Möglichkeiten für persönliche Gespräche, die man am Rande der Rundfunkaufnahmen über Gott und die Welt führt. Als besonders spannend empfand ich vielfach die Art der Freizeitgestaltung katholischer Geistlicher. So sammelte der bereits im Jahr 2000 verstorbene Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba handkolorierte Postkarten aus der Zeit des ausgehenden 19., beginnenden 20. Jahrhunderts. Und freute sich „ein Loch in den Bauch“, wenn er Besuchern aus irgendwelchen Städten nicht nur seines Bistums eine Postkarte unter die Nase halten konnte, um zu sagen: „Schauen Sie mal, so sah ihre Kirche aus!“
Ferdinand Rauch begeisterte mich für sein Hobby der „sprechenden Namen in der Bibel“ und der für uns heute „verborgenen Zahlensymbolik“. Und der unvergessliche Alfons Gerhardt versuchte, mit regelmäßigen Lesungen auf zeitgenössische Literatur mit christlichen Problemlösungen hinzuweisen. Unvergesslich sind auch andere. Einer von ihnen – und von nun an geht es anonym weiter – liebte es, im Wald das Holz für den offenen Kamin im Pfarrhaus selbst zu schlagen. Bis er sich an einem schönen Samstagnachmittag wunderte, warum die Kirchenglocken läuteten. Es dauerte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass er soeben seinen eigenen Vorabendgottesdienst verpasst hatte. Und dass die Gottesdienstbesucher heute wohl ohne ihn auskommen müssten. Pfarrer sind halt auch nur Menschen.

Kreuzfahrtschiff, Papagei und Brusthaar

Das gilt auch für den, der sich in seiner freien Zeit immer wieder als eine Art Schiffspfarrer auf Kreuzfahrtschiffen verdingte; oder für den, der einen 1960er Jahre- Oldtimer

in mühevoller Handarbeit restaurierte; und erst recht für den, der an jedem Nachmittag den Termin „Spazierengehen“ in seinem Kalender stehen hatte. Einer von ihnen verweigerte einen Anrufbeantworter. Sollen die Gemeindemitglieder doch bitte an einem anderen Tag als seinem freien Montag sterben! Und jemand anderen bitten, einen Versehgang wahrnehmen. So heißt das, wenn ein katholischer Geistlicher zu einem Sterbenden gerufen wird. Ein Umstand, der den – ebenfalls verstorbenen – Weihbischof Johannes Kapp als „Chef“ der Geistlichen im Bistum Fulda zur Weißglut brachte. Wenn er denn davon erfuhr.
Irgendwann erzählte mir einmal ein Geistlicher ganz im Vertrauen, dass seit geraumer Zeit seine Stimme tiefer geworden sei und dass plötzlich sein Brusthaarwachstum – „Schau mal!“ – eingesetzt habe. Eine Freundin hatte er. Er, der katholische Pfarrer. Nicht lange. Aber es veränderte ihn. War ich der Einzige, dem er sich da anvertraute? Wahrscheinlich nicht. Aber verraten habe ich ihn nie. Und werde das auch nicht tun. Gerne denke ich an den Geistlichen, der abends im großen, einsamen Pfarrhaus inständig sich bemühte, seinem Papagei das Sprechen beizubringen? Und an den, der nachvollziehen wollte, was die Prädikate bei Weinempfehlungen in einschlägigen Magazinen konkret bedeuteten. Und dann kenne ich gleich mehrere, die immer wieder Pilgerreisen anbieten: auf den Jakobsweg nach Santiago de Compostela, nach Israel und vor ein paar Jahren auch noch nach Syrien und Jordanien. Alles Menschen wie Sie und ich. Alles Menschen, die ihre freie Zeit nach eigenem Gusto gestalten.

Bibel-Pop: musikalische Predigten

Warum nicht auch gerne mit Singen? Auf den „singenden Pfarrer Friedhelm Dauner“ wurde ich durch einen Artikel in einer Zeitung aufmerksam. Da hatte er gerade wieder eine neue CD veröffentlicht. Das sei doch nichts Besonderes, wiegelt er ab, als ich ihn zu „Talk am Dom“ einladen will. Na ja, zumindest hatte ich noch keinen anderen Pfarrer kennengelernt, der seine Lieder in einem professionellen Tonstudio aufnimmt. Und keinen, der mit seinen Liedern so viel Menschen eine Freude macht.
Angefangen hat alles vor vielen Jahren, als Pfarrer Dauner – Jahrgang 1945 – als junger Kaplan im Gottesdienst auch schon mal etwas auf seiner Gitarre spielte und dazu Selbstgeschriebenes sang. „Wie eine Predigt, nur eben musikalische. Und vielleicht unterhaltsamer, vielleicht auch berührender“, so der Kirchenmann. Als er gefragt wurde, ob er seine Lieder nicht professionell aufnehmen wollte, sagte er ziemlich schnell zu. Vierzehn CDs sind das seit 1995 geworden. Weil die Texte von religiösen Inhalten geprägt sind, nennt er das Genre „Bibel Pop“. Eines, das auf Interessenten trifft. Über 150.000 € hat Friedhelm Dauner durch Verkäufe seiner CDs generiert. Das Geld hat er komplett an einen deutschen Pater weitergeleitet, der in Bolivien ein Hilfsprojekt für Jugendliche betreut.

Wer singt, betet doppelt

Adressaten sind alle Menschen. Aber vor allem ältere Menschen, Senioren sind von Friedhelm Dauners Liedern begeistert. Ein Pfarrer, der eigene Lieder schreibt, sie selbst singt und sich dazu auf der Gitarre begleitet? Und das live bei Seniorentreffen oder anderen Veranstaltungen zur Freude der Anwesenden tut? Von dieser Sorte Pfarrer gibt es ganz sicher nicht viele. Ein Mann, der das tut, weil er Freude am Musizieren hat. Doch beim singenden Pfarrer ist es nicht nur eine religiöse Attitüde, mehr oder weniger fromme Lieder zu singen, ist es nicht nur die Haltung des heiligen Augustinus, der – verkürzt – einmal gesagt hat: „Wer singt, betet doppelt.“

Guter Zuhörer

Nein, bei Friedhelm Dauner ist es viel mehr. Er hat erkannt, dass er mit seiner Musik „Verspannungen“ bei Menschen lösen kann. Wenn man gemeinsam singt, kommt man später auch gemeinsam ins Gespräch. Besser ins Gespräch. Ein therapeutischer Ansatz? Das würde er nie sagen. Aber wenn sich Menschen aufgrund von gemeinsamer Musik öffnen können, ist das gut. Manchmal braucht es den „Korkenzieher“, der den Verschluss entfernt, damit das Innere freigelegt wird. Doch noch einmal: zu singen ist für Friedhelm Dauner eine Herzensangelegenheit. Keine Masche, keine Methode.

Friedhelm Dauner habe ich kennengelernt als einen Mann, der sehr gut zuhören kann. Das ist das Wichtigste bei seiner Arbeit: zuzuhören. Und natürlich auch Antworten zu geben. Spontan zu agieren, nicht lange im „Methodenkoffer“ und im Lexikon à la „Was mache ich denn nun?“ blättern zu müssen. Stattdessen Hilfen aufzuzeigen, wie Probleme gelöst werden können. Und Trost zu spenden. Das ist manchmal schon die halbe Miete. Soweit das gewünscht ist, packt er auch gerne mit an.

Sich selbst nicht ganz so wichtig nehmen

„Meinen Sie wirklich, ich solle zu ‚Talk am Dom‘ kommen? So wichtig bin ich doch nun wirklich nicht!“
Aus tiefstem Herzen folgt Friedhelm Dauner mit dieser Einschätzung einer Aussage von Papst Johannes XXIII.: sich selbst nicht ganz so wichtig zu nehmen, empfahl der einmal. Wichtig – genau das ist Friedhelm Dauner. Weil er sich Zeit für die Menschen nimmt, weil er ein Stück ihres Weges gemeinsam mit ihnen geht. Mit den Menschen und mit seiner Musik. Gerade für die da zu sein, die Hilfe brauchen. Deshalb ist er wohl Priester geworden. Und füllt diesen Beruf, besser: diese Berufung mit seinen Talenten, die er gebraucht. Und Gott sei Dank nicht im Acker vergraben hat. Rund macht das Ganze, dass er auch noch wunderbar davon erzählen kann. Übrigens auch von seiner anderen großen Liebe: der Liebe zur Wendelinuskapelle auf dem Wachtküppel in der Rhön. Aber das ist eine andere Geschichte.

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