Andy Lang – keltische Musik und Pilgerreisen
Kameras sind unerbittlich. Aber sie zeigen nur das, was „vor den Kulissen“ passiert. Was er mit seinen Gästen „hinter den Kulissen“ und „abseits der Kameras“ erlebt hat, erzählt Moderator Klaus Depta hier. Zum Beispiel mit
Andy Lang – keltische Musik und Pilgerreisen
Irgendwann Anfang der 2010 Jahre, ein Tag wie jeder andere. Jede Menge Meldungen in der Redaktion, darunter auch die von einem Konzert irgendwo im Großraum Frankfurt: Harfe, keltische Weisen, Gitarre, Gesang. Einen Sendeplatz haben wir am kommenden Wochenende noch frei. Ob jemand Lust hat, den Termin zu besetzen? Kurzfristig hinfahren und im Anschluss an das Konzert ein Interview führen? Und natürlich einen entsprechenden Radiobeitrag daraus zu stricken. Ein paar O-Töne, ein bisschen Musik, mitgeschnitten oder von CD eingespielt, nichts besonders Großes. Ich habe sofort Lust. Wenn es um Musikbeiträge geht, brülle ich in der Redaktion meistens laut und unmissverständlich „hier“.
Erste Begegnung
Also fahre ich in eine kleine Stadt im Speckgürtel Frankfurts… und bin erst einmal enttäuscht. Die Location strahlt den Charme eines Bürgerhauses aus den frühen 1970er Jahren aus. Garantiert aus dieser Zeit stammen auch Inventar und Einrichtung. Und irgendwie scheint das auch auf die Menschen der damaligen Gegenwart abzufärben: Stühle, mehr oder weniger lieblos zu Reihen zusammengestellt, alle dicht an dicht, im Halbkreis um einen weiteren Stuhl geschart. Da wird der Musiker sitzen. Andy Lang, evangelischer Pfarrer, freigestellt, um Menschen mit Musik zu missionieren – eine Formulierung, die Andy selbst so nie gebrauchen würde.
Erster Eindruck
Genauso wenig wie „Magier an der keltischen Harfe“, wie ihn eine Zeitung einmal nannte. Obwohl dieser Titel vielleicht gar nicht so falsch wäre. Fast so lange Haare wie sie Mel Gibson in der Filmrolle des William Wallace in „Braveheart“ trug, eine sehr angenehme, einschmeichelnde Stimme, freundlich dreinblickende Augen und tatsächlich Melodien auf der Harfe, die unter die Haut gehen. Ja, das ist keltischer Folk, der auf sehr angenehme Weise berührt. Das peinliche Berührtsein beim Anblick des Bürgerhauses ist schlagartig vergessen. Ich gleite ab in eine Welt, die spontan, ohne mein Zutun in meiner Phantasie entsteht: eine Welt von knorrigen Bäumen, üppigen Wiesen und Weiden, von Mönchen, die in der Einöde
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Nach Hause, nach Irland, ins Reich der Phantasie
„Andy, kommst du“, höre ich dann eine Kinderstimme. Andy ist mit seiner Familie unterwegs. Alle wollen nach Hause. Bitte nicht, bevor ich die O-Töne für meinen Beitrag am Wochenende eingetütet habe. „Gleich“, beschwichtigt Andy und nimmt sich die Zeit, die wir brauchen. Ein extrem angenehmer Zeitgenosse, kurz davor, wieder eine seine Pilgertouren durch Irland (oder war es dieses Mal durch England?) durchzuführen.
Kennen Sie das? Dieses Gefühl, jemanden seit Jahrzehnten zu kennen, obwohl Sie ihn erst vor wenigen Minuten kennengelernt haben? Verliere ich gerade meine journalistische Distanz? Andy scheint es ähnlich zu gehen. Ja, wir sind uns beide auf Anhieb sympathisch. Ob ich Lust hätte, kurzfristig mitzufahren? Eigentlich sei die Tour ausgebucht, aber ein, zwei Plätze könne er noch zusätzlich belegen. Von Kloster zu Kloster sei er da unterwegs, immer eine Gruppe Interessierter dabei, einige Evangelen, einige Katholen, manche, die mit Religion wenig anfangen können, sich aber trotzdem für die Ursprünge des Christentums in Großbritannien interessieren. Mit ihnen spüre er dem frühen, urwüchsigen Christentum nach. Lust habe ich schon. Aber so kurzfristig kann ich nicht weg. Es gäbe auch immer wieder Musik, setzt Andy nach. Abends am Lagerfeuer? Mit der Harfe? Jetzt lacht er. Nein, auch während des Konzerts habe er ja nicht nur Harfe, sondern auch Gitarre gespielt. Für derartige Wandertouren ist die Harfe ein viel zu sperriges Instrument. (Jahre später nimmt er dann tatsächlich auch eine etwas kleinere Harfe mit auf seine Pilgertour…)
Auf den Spuren von Merlin und Artus
Stimmt. Die Gitarre hatte ich natürlich mitbekommen, aber irgendwie dank meiner Traumreise nicht abgespeichert. Viel zu weit weg war ich, regelrecht entrückt. Dass ich zwischendurch vor meinem geistigen Auge Artus gesehen habe, wie er nichtsahnend vor dem Stein mit dem Schwert darin steht und wie ich den legendären Satz (in der Version, wie ich sie von Rick Wakeman kenne) gehört habe: „Whoso pulleth out this sword from this stone and anvil, is the true born King of all Britain!“ – Nein, das erzähle ich Andy lieber nicht. Denn das hat auch nichts mit seinen Liedern zu tun. Aber sie haben mich so gefangen genommen, dass ich einen Phantasiespaziergang durch die britische Geschichte und Sagenwelt unternommen habe. Und da die Gedanken bekanntlich frei sind…
Casa Cara und die Konzertscheune
In Gefrees im Fichtelgebirge, also an seinem Wohnort, hat Andy eine Konzertscheune, mittlerweile mit der Casa Cara einige ordentliche Unterbringungsmöglichkeiten, in unmittelbarer Nähe Seminarräume und sogar eine kleine Kapelle. Ob ich nicht Lust habe, einfach mal vorbeizukommen. Wann immer es passt. Vielleicht vorher ein kurzer Anruf und gut ist es. Unkompliziert ist dieser Andy Lang. Das merke ich auch später, als ich ihn für ein Konzert verpflichten möchte. „Pflegeleicht“ nennt er das selbst. Und er hat Recht damit. Ein pflegeleichter Klangzauberer, der seine Inspirationen aus der keltischen Klangwelt mit seinen Zuhörern teilt und sie in eine oftmals fremde, verborgene, ja verschüttete Welt entführt. Eine Welt tiefer Gefühle ebenso tief in ihren Herzen, die mit Andy Langs Celtic Folk an die Oberfläche drängen. Ein spannendes Erlebnis. Und ein berührendes Gespräch mit Andy Lang bei Talk am Dom.
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