Drücken Sie Enter, um das Ergebnis zu sehen oder Esc um abzubrechen.

Timberlake, Justin – Selfish

Sie spuckten sich und sie schlugen sich – mit diesem sehr plastischen Wort lässt sich die Beziehung von Britney Spears und Justin Timberlake vielleicht am besten umschreiben. Denn das Traumpärchen der Nullerjahre trennte sich in einer Schlammschlacht: Justin, ursprünglich Sänger der Boygroup *NSYNC und ab 2002 solo erfolgreich, behauptete,

Gegenseitiger Vorwurf der Untreue

Britney habe ihn betrogen. Britney wiederum war verletzt und beklagte in ihrer Autobiographie „The Woman In Me“, in dem, so die Pressemitteilung, Britney endlich ihr Schweigen bricht: Justin habe sie öffentlich als Schlampe dargestellt, die dem vermeintlichen Goldjungen der Nation das Herz gebrochen habe. Man muss schon die Augen bewusst verschließen um zu überlesen, dass Britney ihrem Ex mit dessen öffentlicher Darstellung eine gezielte Absicht unterstellte: Immerhin erhielt so dessen Album „Justified“ – man beachte den Albumtitel (“gerechtfertigt”)! – den Anstrich, dass er es mit seinen Songs seiner untreuen Ex gehörig heimzahle. Unter dem Aspekt von Verkaufszahlen und Gewinnmaximierung eine zumindest nachvollziehbare, wenn auch unschöne Strategie.

Ausgesöhnt

Um aus dem Zweischritt von „spucken“ und „schlagen“ einen Dreischritt zu machen: Längst scheint es, als hätten sich Britney und Justin ausgesöhnt. Anders ist es kaum zu erklären, dass die Sängerin „Selfish“, die Leadsingle zu Timberlakes aktuellem Album „Everything I Thought It Was“, in den höchsten Tönen lobte. Ihre Fans sahen das völlig anders: Für sie war Justin Timberlake der Mann, der mit seiner Idee (!) 2004 zwar für den schlagzeilenträchtigsten Superbowl aller Zeiten sorgte, dies aber

Nippelgate und Affären

leider unter dem unrühmlichen Namen „Nippelgate“ und auf Kosten von Janet Jackson: Deren Karriere erfuhr nach der mehr oder weniger unfreiwilligen Entblößung einer ihrer Brüste einen gewaltigen Knick. Dass sich 2011 Timberlake und dessen „Neue“, Jessica Biel, nach kurzer Zeit wegen angeblicher Untreue des Sängers vorübergehend trennten – 2012 heirateten die beiden – , dass dem Mann aus Memphis Affären mit mindestens drei Schauspielkolleginnen, nämlich Olivia Munn, Mila Kunis und Alisha Wainwright, nachgesagt wurden, war für Fans von Britney Spear der Beleg, dass die Sängerin in ihren Memoiren Recht hatte: Denn dort war nicht nur zu lesen, dass Justin sie mehrfach betrogen hatte, sondern auch, dass er Britney zu einer Abtreibung gedrängt habe.

Selfish vs Selfish

Dass Timberlake sein Comeback nach sechs Jahren ausgerechnet mit einem Song namens „Selfish“ starten wollte, war für Britney-Fans ein gefundenes Fressen: Denn einen Song mit genau demselben Titel hatte Britney Spears auf ihrem Album „Femme Fatale“ veröffentlicht – allerdings schon im Jahr 2011. Nichtsdestotrotz setzten die Fans alles daran, dass Britneys „Selfish“ in die Charts zurückkehrte und dort möglichst eine höhere Platzierung erreichte als die neue Single des singenden und tanzenden Sonnyboys. Ein Unterfangen, das nur teilweise gelang, nämlich in den itunes-Charts, aber immerhin.

Hauptsache Schlagzeilen

Was aber – so viel bissige Kritik sei erlaubt – völlig egal ist. Denn bekanntermaßen sind bad news auch good news, also auch schlechte Schlagzeilen gute Schlagzeilen: Jedwede Publicity lässt nämlich das Interesse an einer Person nach oben schnellen, was für Menschen, die von öffentlicher Beachtung leben und genau dadurch ihre Brötchen verdienen, immer ein Gewinn ist. Eine weitere der vielen cleveren Möglichkeiten, um Aufmerksamkeit zu generieren:

Insta gelöscht

einfach mal alle Einträge bei Instagram löschen. Der Wunsch herauszufinden, was denn da bloß los ist, generiert nicht nur neue Klicks, sondern auch steigendes Interesse – eine Art Wegbereiter also für eine kommende Veröffentlichung. Honi soit qui mal y pense, wie unsere französischen Freunde schon seit Ewigkeiten zu sagen pflegen. Auf gut Deutsch: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Comeback nach langer Pause

Evaluierbar, ob nach langer Funkstille – ja, ja, es gab Lebenszeichen in Form von Kollaborationen mit Calvin Harris und DJ Khaled, im größeren Stil aber erst bezeichnenderweise im letzten Jahr den eigentlichen Aufgalopp mit „Better Place“, eingespielt für eine einmalige Reunion mit *NSYNC, sowie „Keep Going Up“, bei dem Timbaland und Nelly Furtado mitwirkten – die Solokarriere auch ohne Anklänge an die skandalumwitterten Schlagzeilen der Vergangenheit überhaupt wieder ins Laufen gekommen wäre, ist das natürlich nicht. Aber sechs Jahre sind schon eine lange Zeit… Und gut möglich, dass die Beharrlichkeit von Britneys Fans Justins Comeback tatsächlich ein wenig verzögert hat: Wenn die halbe Zielgruppe über hässliche Geschichten von vor mehr als einem Dutzend Jahren redet, reden zu wenige über die neue Musik…

18 Titel von 100

Rund 100 Songs habe er zwischenzeitlich geschrieben, bekannte Justin Timberlake vor der Veröffentlichung des Albums. Diese Menge auf genau die 18 einzugrenzen, die sich nun auf „Everything I Thought It Was“ befinden, ist dann schon eine Leistung, vor der man den Hut ziehen muss. Und die uns davon ausgehen lässt, dass es bis zum nächsten Longplayer nicht wieder sechs lange Jahre dauern wird.

Nun ist das neue Album also da. „Selfish“ ist eine großartige Leadsingle, mit denen der bekannteste Posterboy der 200er Jahre musikalisch an seine großen Erfolge anknüpft. Und das heißt schon eine Menge bei jemandem, der über 50 Millionen Alben und über 60 Millionen Singles verkauft hat, dazu rund 70 Millionen Scheiben als Frontmann von *NSYNC, der auf zehn Grammys, vier Emmys und eine Oscar-Nominierung zurückblicken darf – kurz: einer der erfolgreichsten Popmusiker der letzten Jahrzehnte angesehen werden darf.

Selfish

In „Selfish“ singt der mittlerweile 42jährige:

„Wenn sie sehen würden, was ich sah,
würden sie genauso fallen, wie ich gefallen bin.
Aber sie wissen nicht, was du willst.
Und ich würde es nie verraten.
Wenn sie wüssten, was ich weiß,
würden sie dich nie gehen lassen.“

Und weiterhin heißt es:

„Und weißt du was?
ICH werde dich nie gehen lassen!
Denn deine Lippen sind für mich gemacht
und mein Herz würde stillstehen,
wenn es nicht die ganze Zeit für dich schlagen würde.
Wenn ich also eifersüchtig werde, kann ich nicht anders.
Ich will jedes bisschen von dir. Ich schätze, ich bin egoistisch.
Das ist schlecht für meine Psyche, aber ich kann es nicht bekämpfen.“

Hymne an Jessica Biel

Im Song geht es um Jessica Biel, mit der Timberlake nicht nur im zwölften Jahr verheiratet ist, sondern auch zwei gemeinsame Kinder, Silas und Phineas, hat. Fernab von allen Schlagzeilen schützt das Paar bestmöglich seine Privatsphäre. Das geht so weit, dass bis heute nahezu nichts über die Hochzeit bekannt ist. Und so weit, dass sie die Geburt ihres zweiten Kindes erst nach rund einem Jahr in den üblichen Kanälen bekanntgaben.

Jeweils Fan des Anderen

Was jedoch auffällt: Beide verhalten sich so, als seien sie jeweils die größten Fans des jeweils anderen: In der True-Crime-Serie „Candy“, in der Biel als Hauptdarstellerin zu sehen war, sorgte Timberlake durch einen Cameo-Auftritt für Begeisterung. Weil ein übliches Honorar das Budget gesprengt hätte, trat der Musiker eben kostenlos auf.

Als sich Timberlake für den Nippelgate und seine Attacken gegen Britney Spears entschuldigte, stand ihm Jessica Biel mit einem einfachen, aber deutlichen „Ich liebe dich“ zur Seite. Sie habe sein Leben verändert, sie habe ihn verändert, kommentierte Timberlake die Inhalte von „Mirrors“, einem seiner schönsten Songs, den er schon vor der Verlobung über Jessica schrieb.

Eifersucht

Trotz allem handelt „Selfish“ von Eifersucht. Die sei jedoch nicht immer schlecht, argumentiert der Popstar. Er könne gar nicht anders, wolle jedes bisschen seiner Partnerin, auch wenn das vielleicht eigennützig und egoistisch sei. Doch dabei bleibt er nicht stehen, wenn er singt:

„Ich bin froh, dass deine Mama dich gemacht hat.
Du machst mich wahnsinnig. Du bist für mich unbeschreiblich.
Du musst ein Engel sein“
Jedes Mal, wenn das Telefon klingelt,
hoffe ich, dass du am anderen Ende der Leitung bist.
Ich will dir alles erzählen,
alles, was mir durch den Kopf geht.“

Kein Platz für Rivalen

Nachvollziehbar, dass man diese Beziehung und diesen Glückszustand unbedingt behalten will. Im Song hört sich das so an:

„Ich will nicht, dass irgendein anderer Kerl meinen Platz einnimmt.“

Dann passiert meistens ein Unglück. Das vor etwa 3.000 Jahren geschriebene biblische Buch der Sprüche bringt dies auf den Punkt: „Eifersucht steigert die Wut eines Ehemannes bis zum Äußersten; und wenn die Gelegenheit sich bietet, wird er sich rächen ohne jedes Mitleid.“ (Spr 6,34). Und in derselben Sprüchesammlung findet sich die Aussage: „[…] Eifersucht ist wie eine Krebsgeschwulst“ (Spr 14,30) – ein sehr plastischer Vergleich: Denn eine Krebsgeschwulst ist für den Betroffenen in der Regel mit großen Leiden verbunden und führt viel zu oft zu einem qualvollen Tod. Kein Thema, über das man gerne spricht.

Männliche Sozialisation

Genauer: Viele Männer werden so erzogen, dass sie Eifersucht auf gar keinen Fall zu einem Thema machen. Und auch nicht über andere Gefühle reden. Er sei nun mal genau so erzogen worden, erläutert Justin Timberlake. Und trotzdem macht er nun einen Song über Eifersucht? Die Initialzündung dazu liegt weit über 50 Jahre zurück: Im Jahr 1971 veröffentlichte Ex-Beatle John Lennon seinen Song „Jealous Guy“. Diesen Song coverten viele Interpreten, darunter die Band Roxy Music, aber auch Donny Hathaway.

John Lennons Jealous Guy

Eines Abends war der ehemalige *NSYNC- Frontmann mit seinem musikalischen Direktor Adam Blackstone bei einem kleinen Jazzabend in LA. Prompt tauchte die Frage auf, ob der Popstar Lust habe, seinen Platz im Publikum gegen einen Überraschungsauftritt auf der Bühne zu tauschen. Warum auch immer: Timberlake schlug vor, John Lennons „Jealous Guy“ zu performen, aber etwa so, wie dies Donna Hathaway bei ihrer Coverversion getan hatte.

Es blieb nicht nur bei der Performance des Songs, sondern es folgte eine angeregte Diskussion darüber, warum Männer so selten über ihre Gefühle sprechen. Das Ergebnis: weil das verletzlich macht!
Als Timberlake erkannte, dass er genau in dieser Haltung erzogen worden war, schrieb er „Selfish“ – die Ähnlichkeit zu „Jealous Guy“ ist unverkennbar.

Die Ehe als sicherer Hafen

Mit Jessica Biel und Justin Timberlake haben zwei starke Persönlichkeiten zueinander gefunden. Ihre Ehe sei ein sicherer Hafen, erklärte Biel die Kraftquelle der beiden. Außerdem hätten sie ähnliche Werte, sehen als Basis für eine funktionierende Beziehung Loyalität und Ehrlichkeit an und hätten viele Dinge, die sie beide mögen. All diese Dinge aber vollziehen sich hinter verschlossenen Türen, fernab der Medienwelt. Oder wie Jessica Biel formuliert: „Es ist der eine Teil meines Lebens, der mir gehört und nicht irgendjemand anderem.“ Was ganz ähnlich klingt wie die Aussagen, die Justin Timberlake in „Selfish“ formuliert. Auch da sind sich die beiden also dann wohl weitgehend einig.

Justin Timberlake – „Selfish“

Der bei Radio Salü gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.

HeavenOnAir verweist auf eigene Inhalte, bietet weiterführende Links und nutzt Affiliate-Links zu Amazon. Mit diesen Links kann HeavenOnAir eine kleine Provision für qualifizierte Käufe verdienen, was zur Unterstützung der Seite beiträgt, ohne dass für Sie zusätzliche Kosten entstehen.

Kommentare

Hinterlassen Sie ein Kommentar

Datenschutz
Ich, Klaus Depta (Wohnort: Deutschland), verarbeite zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in meiner Datenschutzerklärung.
Datenschutz
Ich, Klaus Depta (Wohnort: Deutschland), verarbeite zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in meiner Datenschutzerklärung.