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Swift, Taylor ft Malone, Post – Fortnight

Vorab: Auch wenn es gewaltig nach Altmeister Alfred Hitchcock aussieht – diese Story ist kein Krimi! Könnte aber einer sein. Denn:

KEIN Krimi

Eine unglücklich verheiratete Frau zieht in die Nachbarschaft eines Ex-Liebhabers. Der ist zwar längst anderweitig verheiratet. Weil aber das Feuer zum Ex noch nicht vollständig erloschen ist und dessen Ehefrau einer erneuten Affäre im Weg steht, reift der Plan, diese zu töten. Und weil man gerade so schön dabei ist, soll am besten auch noch der eigene Ehemann dran glauben: Denn der betrügt die eh schon unglücklich Verheiratete nach Strich und Faden.
Die ganze Geschichte steuert auf einen ersten Höhepunkt zu, als klar wird, dass auch der Ex-Liebhaber aus seiner Ehe ausbrechen möchte: Gemeinsam könne man der trostlosen Situation entfliehen, indem man nach Florida durchbrennt.

Übertrieben und dramatisch

Wie gesagt: kein Krimi! Sondern Inhalt der aktuellen Single von Taylor Swift ft Post Malone mit dem bezüglich des Inhalts eher nichtssagenden Titel „Fortnight. Die stammt von Taylors mittlerweile elftem Studioalbum „The Tortured Poets Department“. Laut Aussagen der Sängerin enthält der Song mit Fatalismus, Sehnsucht und verlorenen Träumen etliche Themen, die sich durch das gesamte Album ziehen. Und wie üblich sind diese Themen in übertriebene und dramatische Texte verpackt.

Zucker für den Affen

Ergänzen muss man: Wie üblich erinnert Taylor Swifts Songwriting an einen uralt-Streifen aus dem Jahr 1981 mit Adriano Celentano und Ornella Muti, der im Deutschen den dämlichen Titel „Gib dem Affen Zucker“ trug: Auch Taylor Swift gibt Zucker ohne Ende, und zwar ihren Swifties: Zucker sind in diesem Fall die vielen Anspielungen in Song und dazugehörigem Videoclip. Mal verweisen sie auf andere Songs, mal auf das reale Leben der Musikerin. Wie bei Taylor Swift eben üblich.

Schnitzeljagd (nicht nur) für Swifties

Für echte Swifties bedeutet dies: Sie treiben sich herum im Grenzgebiet von Fantasie und purer Fiktion auf der einen, Wahrheit und Realität auf der anderen Seite und versuchen herauszufinden, welche Passage nun wo einzuordnen ist und was mit welcher Anspielung gemeint sein könnte. Aufmunternd kündigte Taylor Swift schon im Vorfeld an, sie habe in den letzten zwei Jahren so viele gequälte Gedichte geschrieben, die sie nun mit ihren Fans teilen wolle. Und die nehmen die hingeworfenen Brocken gierig auf und begeben sich auf Spurensuche. So funktioniert nun mal das Geschäftsmodell Taylor Swift.

Frankenstein lässt grüßen

Was den Krimi anbelangt: Im Video findet der seine Fortsetzung in einer psychiatrischen Anstalt: Szenen von innig ineinander verschlungenen Protagonisten, dargestellt von Taylor Swift und Post Malone höchstpersönlich, waren auch ohne Verweis auf die Psychiatrie zu erwarten. Allerdings rückt der komplett in Schwarz-Weiß produzierte Clip die Handlung in die Nähe von ehemaligen Gruselschockern à la Frankenstein und Co. Offensichtlich wird dieses Sujet im letzten Drittel: Denn da nehmen in einem Labor zwei mehr oder weniger verrückte Wissenschaftler an der von Taylor Swift dargestellten, an einem aufrechtstehenden Tisch gefesselten Person mit Elektroschockern irgendwelche Handlungen vor. Wie gesagt: Frankenstein lässt grüßen!

Der Club der toten Dichter

Dass es sich dabei um einen Cameo-Auftritt von Ethan Hawke und Josh Charles handelt, die 1990 in „Dead Poets Society“ (deutsch: „Der Club der toten Dichter“) zu sehen waren, dürfte vor allem bei den älteren unter uns zumindest für hochgezogene Augenbrauen sorgen. Die jüngeren werden, auch ohne den Film je gesehen zu haben, darauf verweisen, dass Swifts Werk ja nun „The Tortured Poets Department“ heißt. Poets! Klingelt‘s? Da lag die Besetzung mit den beiden Darstellern aus „Dead Poets Society“ doch wohl mehr als nahe. Entdeckt! 1000 Punkte!

Fortnight

Weil das ganze Drumherum zu einer Art Schnitzeljagd wird, vergisst man fast, auf den Songtext zu achten. Dabei hat auch der Einiges zu bieten. Taylor Swift singt:

„Ich sollte weggeschickt werden,
aber sie vergaßen mich zu holen.
Ich war eine funktionierende Alkoholikerin,
bis niemand meine neue Ästhetik bemerkte.
All das, um zu sagen, dass ich hoffe, dass es dir gut geht.
Aber du bist der Grund und niemand sonst.
Aber was ist mit deinem stillen Verrat?

Und vierzehn Tage lang waren wir immer füreinander da.
Jetzt treffe ich dich manchmal und frage nach dem Wetter.
Du bist in meinem Hinterhof, hast dich in einen guten Nachbarn verwandelt.
Deine Frau gießt Blumen. Ich will sie umbringen.“

Matty Healy?

Der Song scheint von einer lediglich kurzzeitigen, eben zwei Wochen dauernden Beziehung zu handeln, die trotz aller Kürze Spuren hinterlassen hat. Swifties denken natürlich sofort an vergangene Beziehungen im Leben der Musikerin. Joe Alwyn und Matty Healy werden von den Swifties hoch gehandelt. Aber die Beziehung zu Schauspieler und Hamlet-Darsteller Alwyn dauerte über sechs Jahre, wenngleich sie auch von ihm und Swift weitestgehend aus der Öffentlichkeit herausgehalten wurde. Da passt die Beziehung zu Matty Healy, Frontmann der britischen Band „The 1975“, schon besser: Die dauerte nämlich tatsächlich nur einen kurzen Sommer. Soweit man weiß! Auch wenn alles für diese These spricht: Genaues weiß man nicht. Und Taylor Swift ist viel zu klug, um tatsächlich etwas darüber zu verraten.

Kein Alkohol während der Tour

Zumindest zeitlich passt zur Healy-Beziehung auch der Hinweis auf übermäßigen Alkoholkonsum: Denn gegenüber dem Time-Magazine hatte Swift vor ihrer „Eras-Tour“ davon gesprochen, mit dem Trinken aufgehört zu haben, damit sie die Shows ohne Kater durchziehen könne.

Was auch immer die Hintergründe sind: Ohne jeden Zweifel ist „Fortnight“ eine emotionale Achterbahnfahrt, was letztlich durch das Thema, nämlich einer verbotenen Liebe, bedingt ist. Hier werden nämlich die Schattenseiten einer Liebe deutlich: zu lieben, aber eben nicht lieben zu dürfen.

Starke Emotionen

Besonders emotional wird es, wenn es im Song heißt:

„Und ich liebe dich!
Es ruiniert mein Leben
Ich habe dich berührt
nur für zwei Wochen.“

Der Mensch als Abgrund

Fortnight“ ist mehr als ein Liebeslied. Der Song erlaubt einen Blick in die komplexe Situation einer kurzen, nur zwei Wochen dauernden Liebesgeschichte, wie sie jedem Menschen an jedem Tag begegnen kann – wohl auch ein Grund, warum der Song zum meistgestreamten Song innerhalb von 24 Stunden wurde. Denn der Song berührt die Tiefen, ja vielleicht sogar die Abgründe der menschlichen Existenz, die jeder (zumindest in Ansätzen) bei sich selbst findet, der aufmerksam in sich hineinhört. Eine Parallele zu hoher Literatur drängt sich auf: Denn Georg Büchner lässt seinen „Woyzeck“ im gleichnamigen Stück ausrufen, dass jeder Mensch ein Abgrund sei und dass es einem schwindelt, wenn man hineinsähe.

Schuld und Erlösung

Taylor Swifts Song lebt von der Spannung zwischen Schuld und der Befreiung von Schuld. Der Wunsch, die Beziehung zum Ex wieder aufzunehmen und dafür alle Hindernisse gewaltsam aus dem Weg zu räumen, wird schnell als falsch erkannt. Denn dieser Wunsch ruiniert nicht nur das gegenwärtige Leben, sondern wird auch zu einer Belastung für die Zukunft. Dieser Belastung und Schuld aber steht die Suche nach innerem Frieden entgegen. Oder wie der römische Dichter Ovid schon vor rund 2000 Jahren sehr plastisch formulierte: „Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen.“ Was im Umkehrschluss bedeutet: Wer immer wieder von seiner Schuld eingeholt wird, kommt nicht wirklich zur Ruhe, kann nicht wirklich ein glückliches Leben führen.

Schnitzeljagd im Videoclip: Pillendose und Datum

Kleiner Nachklapp zum Ende:
Dass sich Swift im Videoclip kurz über ihr Gesicht wischt, wodurch vorgebliche Tattoos zum Vorschein kommen, die Post Malone sich real hat stechen lassen, haben die Swifties schnell herausgefunden. Schnell enttarnt wurde auch die Aufschrift auf einer Pillendose, aus der Taylor in der Psychiatrie zwangsweise eine Pille verabreicht bekommt, um eine Beziehung zu vergessen: Die dort zu sehende Ziffernfolge „121389-041924“ stellt nämlich das Geburtsdatum der Sängerin (13. Dezember 1989) sowie das Datum der offiziellen Veröffentlichung des Albums „The Tortured Poets Department“ am 19. April 2024 dar.

Schnitzeljagd im Videoclip: Das Kleid

Die von Taylor Swift dargestellte Insassin der Psychiatrie zerschlägt gegen Ende des Clips einen Spiegel. Das Kleid, das sie dabei trägt, weist eine verblüffende Ähnlichkeit zu dem Kleid auf, das schon bei der Grammy-Verleihung 2024 für Aufsehen sorgte – für Swifties nichts, wofür man lange suchen und grübeln müsste.

Schnitzeljagd im Videoclip: Cameo-Auftritt

Schwieriger wird es da bei einer Szene während des Cameo-Auftritts von Ethan Hawke und Josh Charles: Die Elektroschocks, die die beiden Pseudo-Wissenschaftler der gefesselten Protagonistin verabreichen, erinnern an den Film „Arme Dinger“ (Original:„Poor Things“) von 2023, in dem Emma Stone eine Frau spielt, die wiederum ein gewisser Willem Dafoe (natürlich nur in seiner Rolle) per Elektroschocks malträtiert. Um diese Parallele festzustellen, sind gute Kenntnis im Genre „Film“ notwendig.

Schnitzeljagd im Videoclip: Die Katzen

Völlig offensichtlich hingegen sind die am Ende des Clips auf der Titelkarte dargestellten Katzen. Die beziehen sich selbstverständlich auf die drei Haustiere, die die Sängerin besitzt.

Warum nur „Fortnight“?

Lediglich eine Frage bleibt bis heute unbeantwortet: Kanadier kennen den Begriff „Fortnight“ überhaupt nicht, US-Amerikaner kennen ihn, wenn überhaupt, dann nur aus der Literatur. Warum also verwendet die US-amerikanische Sängerin nicht das im amerikanischen Englisch gebräuchliche „in two weeks“, sondern einen Begriff aus dem britischen Englisch? Wahrscheinlich wieder eine Anspielung auf Matty Healy. Was deutlich zeigt: Die Schnitzeljagd geht immer weiter.

Taylor Swift ft Post Malone – Fortnight

Der bei Radio Salü gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.

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