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Leony – Somewhere In Between

Sie habe ein bisschen die Ausstrahlung einer Putzfrau – so das Werturteil von Dieter Bohlen noch vor drei Jahren über die DSDS-Kandidatin Leonie Burger. Die stammt aus Chammünster in der Oberpfalz. Ein Ort, der schon vor über 1300 Jahren

Mönche und Glauben

von Benediktinermönchen geprägt wurde. Und der als Urpfarrei des Christentums und der Christianisierung im Bayerischen Wald und im tschechischen Böhmen gilt. Dass sich vom Mittelalter bis in die Neuzeit Gutbetuchte aus Adel und Bürgerschaft mit Vorliebe in Chammünster begraben ließen – davon zeugen bis heute erhaltene jahrhundertalte Grabplatten, Plaketten zum Gedenken Verstorbener und schmiedeeiserne Kreuze. Ob in hier allerdings auch „der Hund begraben liegt“ ist fraglich. Zumindest so fraglich wie das Klischee von der Putzfrau als – wohlwollend ausgedrückt: – eher unscheinbarer Frau mit Kittelschürze und Kopftuch.

Putzfrauen nicht faul

Dass Putzfrauen, neudeutsch Reinigungskräfte, weder faul noch kriminell und erst recht nicht ungebildet sind, haben schon vor Jahren diverse Studien ergeben. Und dass aus Chammünster durchaus auch Persönlichkeiten hervorgehen können, beweist besagte Leonie Burger. Auch wenn sie für die Welt des Showbiz ihren Nachnamen ablegen musste. So wurde aus der oberpfälzisch-bayrischen „Leonie“ eine international klingende „Leony“. Na ja, und welchen Wert so genannte „Werturteile“ von Dieter Bohlen haben – auf diese Frage kann sich jeder seine eigene Antwort geben.

Leony: Karrierestart

2014 also gewann Leony, damals noch mit Band, bei einer RTL-Casting Show, durchlief anschließend eine generalstabsmäßige Ausbildung zur Künstlerin und landete schließlich solo Hit auf Hit: „Paradise“, „Faded Love“ und „Remedy“ bilden einen Teil ihrer mittlerweile mehr als 800 Millionen Streams weltweit. Und, na klar, vor allem „Remedy“ hat großen Anteil am Bekanntheitsgrad der Künstlerin. Ähnlich wie ihre Zusammenarbeit mit Pascal detoublon bei „Friendships (Lost My Love)“. Zur Zeit ist die 25jährige sogar Jurorin bei DSDS – an der Seite des fast 70jährigen Dieter Bohlen. Und während der ganz langsam aufs Altenteil rutscht, scheint Leony nun erst richtig durchzustarten.

Erstes Album „Somewhere In Between“

Gleich 24 Songs umfasst Leonys erstes, jetzt erschienenes Album „Somewhere In Between“. Natürlich sind all ihre bisherigen Singlehits mit dabei, dazu eine Reihe von Songs in einem ungewohnten, aber sehr reizvollen akustischen Gewand. Von den neuen Song aber lassen vor allem zwei aufhorchen: zum einen „Raindrops“, ein Duett mit DSDS-Juror-Kollegin Katja Krasavice; und zum anderen der Titelsong des Albums „Somewhere In Between“. Was die Plattenfirma gleich zu der Deutung veranlasst, Leony wäre einerseits immer noch das nette, brave, liebe und vielleicht auch etwas unbedarfte Mädel aus einem (großen) bayerischen Dorf, andererseits aber die selbstbewusste Performerin, die sich auch auf internationalem Parkett behaupten kann.

Erfolgreiche Sommertour

Was eine erfolgreiche Somertour quer durch Europa bereits bewiesen hat. Was aber so ganz nebenbei den bewunderswerten Mythos von „von ganz klein zu ganz groß“ pflegt. Nicht genau, aber ähnlich dem sagenumwobenen Phoenix aus der Asche, ähnlich wie ein „Auferstanden aus Ruinen“. Ähnlich wie David, der gegen den „Riesen Goliath“ keine Chance zu haben scheint. Oder ähnlich wie ein Senfkorn, das in biblischen Zeiten als kleinstes bekanntes Samenkorn gilt, aus dem aber ein regelrechter Baum werden kann.

Titelsong „Somewhere In Between“

Aus klein wird groß – dieses Bild transportiert auch der Text von „Somewhere In Between“:

„Ihr habt mich in eine Kiste gesteckt.
Ich atme schwer, weil die nicht groß genug ist.
Jeder redet nur.
Hört auf, Zeit zu verschwenden.
Ich bin längst dabei, meine Handschellen abzustreifen.
Bleibe gleich, aber verändere dich –
warum macht das keinen Sinn?
Da war Verwirrung in meinem Kopf. Denn ich wusste nicht, wer ich bin.
Diejenige, die sich immer fühlte,
als würde sie über zerbrochenes Glas laufen?
Ich bleibe dieselbe, ich werde mich nicht ändern.
Ich bin es leid, solche Spielchen zu spielen.
Ich habe Klarheit über mich selbst, ich weiß, wer ich bin.
Egal, was du auch gesehen hast: Ich weiß es!“

Persönliche Erfahrungen

„Somewhere In Between“ verarbeitet Leonys persönliche Entwicklung. Von klein auf, so erzählt sie auf Insta, hätten die verschiedensten Leute versucht, ihr Ratschläge zu geben, wie sie sich verhalten und selbst darstellen solle. Sie brauche einen Wiedererkennungswert, habe man ihr gesagt. Dass das Image des süßen, bayerischen Mädchens für eine Musikerkarriere eher hinderlich sei, gehörte wohl auch dazu. Sich zu ändern, aber irgendwie doch sie selber zu bleiben – vor lauter guter Ratschläge kann man ganz schön wuschig werden. Oder wie es im Song heißt:

Das Gegenteil von gut

Da kann „Verwirrung im Kopf“ entstehen. Wie das mit guten Ratschlägen eben nun mal öfter so ist. Aus gutem Grund wird ja schon dem Schriftsteller Kurt Tucholsky das Sprichwort zugeschrieben, das Gegenteil von „gut“ sei nicht „böse“, sondern „gut gemeint“.

Wobei die Suche nach sich selbst, dem Sinn in seinem Leben und die Art und Weise, wie man sein und wie man gesehen werden möchte, durchaus ein schmerzhafter und langwieriger Prozess sein kann. Einer mit Rückschlägen und Zweifeln, am Ende aber hoffentlich mit der richtigen Erkenntnis.

Entwicklung – aber wohin?

Im Song hört sich das so an:

„Manchmal will ich loslassen, noch mal von vorne anfangen.
Aus der Rolle, die ich gespielt habe, bin ich herausgewachsen.
Es ist mir egal, solange ich weiß:
Ich bin irgendwo dazwischen.“

Gratwanderung

Leony hat sich, so „Somewhere In Between“, selbst gefunden, aus eigener Kraft. Tatsächlich sei sie das bayerische, im Herzen wohl auch bodenständige Mädchen und gleichzeitig die perfekte Performerin. Vielleicht alles zur selben Zeit. Und vielleicht noch mehr. Augenscheinlich braucht Leony dazu keine auffällig gefärbten oder gestylten Haare. Und erst recht keine Skandale, die von PR-Strategen ersonnen und inszeniert sind. Sich den Gegebenheiten des Showbiz anzupassen, aber sich selbst treu zu bleiben – eine Gratwanderung, die der besteht, der weder zu der einen Seite, noch zur anderen Seite abstürzt. Irgendwo dazwischen zu sein ist also gar nicht unbedingt das Schlechteste. Deshalb macht die 25jährige Sängerin einen geerdeten und soliden, gleichzeitig aber kreativen Eindruck.

Geschichten aus dem Leben

Der Titel des Albums stand mit „Somewhere In Between“ bereits sehr früh fest. Darunter ließen sich Songs gruppieren, die Geschichten aus Leonys Leben erzählen. Selbst Songs, die einige Jahre herumlagen, fanden so plötzlich den Weg auf das Album – nicht ohne vorher überarbeitet und umgeschrieben worden zu sein.

Was deutlich zeigt: Man muss einen Menschen nicht zwangsläufig verändern und verbiegen wollen. Vielmehr sollte man ihn so lassen, wie er ist. Wenn er ein Ziel vor Augen hat, mit dem er sich identifiziert, wird er seinen Weg gehen. Und das sogar mit der angeblichen Ausstrahlung einer Putzfrau.

Leony und „Somewhere In Between“.

Der bei Radio Salü gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.

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