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Jesso, Justin – Clarity

Abgeschottet von der Außenwelt, aufgrund der Corona-Pandemie quasi gefangen im Haus seiner Eltern – in dieser Situation tat Justin Jesso das, was er seit Jahren schon tut: Er schrieb Songs. Nichts Ungewöhnliches für den Mann, der

Vom Songschreiber zum Performer

schon erfolgreiche Titel für Steve Aoki, die Backstreet Boys, Armin van Buuren und Ricky Martin geschrieben hatte. Diese Songs aber, die in der erzwungenen Isolation entstanden, wollte Justin Jesso allerdings selbst aufnehmen. Dass er singen kann, hatte Justin längst bewiesen: 2017 holte ihn Kygo für „Stargazing“ ans Mikrophon; zwei Jahre später war „Let It Be Me“, ein Duett mit Nina Nesbitt, so erfolgreich, dass auch Frans Zimmer aka Alle Farben ihn im selben Jahr für „As Far As Feelings Go“ für den Gesangspart verpflichtete. Spätestens seit Justin Jesso vor zwei Jahren gemeinsam mit Milow, Nico Santos, Stefanie Heinzmann, Christina Stürmer, Sasha und etlichen anderen Künstlern am Wohltätigkeitsprojekt WIER teilnahm, war klar: Der Mann geht seinen Weg.

“Clarity“

Das macht er mit seiner Single „Clarity“ deutlich.

„Was ich brauche, ist, dass du mir näherkommst.
Kannst du mir etwas mehr Klarheit geben?
Du lässt immer wieder Hinweise fallen als wäre das eine Spurensuche.
Also willst du, dass ich mich da durchwühle.
Aber bevor ich das tun kann, ziehst du dich zurück.
Was also soll ich tun?
Erst tust du so, als sei es Liebe.
Dann sagst du, dass ich nicht der Richtige bin.
Dann sagst du: Hey, bist du dabei?
Willst du ein bisschen Spaß?“

Klarheit über sich selbst

Ursprünglich wollte sich Justin Jesso mit „Clarity“ – nun ja – Klarheit über

seine Beziehung verschaffen. Spielte seine Freundin ein Spiel mit ihm? War er lediglich ein Zeitvertreib? Oder war ihre Beziehung doch etwas Ernsteres? Je mehr der Künstler über seine Freundin und die gemeinsame Beziehung nachdachte, desto mehr veränderte sich der Fokus des Songs. Schließlich begann er über sich selbst nachzudenken: Wer oder was war er eigentlich?

Isolation

Justin Jesso führt diese Veränderung vor allem auf die Isolation im Rahmen der Corona-Pandemie zurück. Anfangs sei er unglaublich gestresst gewesen, habe es dann aber geschafft, ohne Ablenkung in sich zu gehen, tief in seinem Inneren nach seinen Gefühlen zu suchen und diese dann ohne weiteres Nachdenken aufzuschreiben, erklärt er die Entstehung von „Clarity“.

Isolation = Menschenfasten in der Bibel

Klarheit über sich selbst gewinnen durch Distanz und Selbstisolation – schon die großen Religionen nennen eine Reihe von Beispielen dafür.
So soll Moses vor rund 3.200 Jahre sich für 40 Tage in die Einsamkeit des Berges Sinai begeben haben, bevor er als Ergebnis dem Volk Israel die Zehn Angebote Gottes für ein friedliches Zusammenleben präsentierte.
Der biblische Prophet Elia, bis heute ein Symbol der Standhaftigkeit bei Unterdrückung, soll ebenfalls 40 Tage in der Einöde verbracht haben, bevor er sogar seinem König die Meinung geigte.
Selbst von Jesus wird berichtet, dass er sich für 40 Tage in die Einöde der Wüste begab, um sich Klarheit über sein weiteres Vorgehen zu verschaffen.

Symbolzahl 40

Auffällig, dass in jüdischen und christlichen Darstellungen immer wieder die Zahl 40 eine Rolle spielt: Die Vier gilt als Zahl allen Irdischen, die Zehn – ganz nebenbei die Summe der ersten vier Zahlen, also 1+2+3+4 – gilt als Symbolzahl für den Kreis, vor allem aber als Zahl eines ganzheitlichen Anspruches. (Deshalb übrigens auch Zehn Gebote! Mehr braucht es einfach nicht!) Erscheint also im Juden- und Christentum die 40, deutet dies auch immer auf einen Zusammenhang mit Gott hin. Kein Wunder also, dass es bei der Sintflut 40 Tage und Nächte hindurch wie aus Eimern schüttet, dass das Volk Israel 40 Jahre lang durch die Wüste wandert, die Zeit zwischen Auferstehung Jesu (Ostern) und seiner Himmelfahrt (Fest Christi Himmelfahrt) 40 Tage dauert. Die Bibel ist voll von solchen symbolischen Zahlen.

Sich auf das Notwendigste beschränken

Wobei der Begriff der „Selbstisolation“ die Situation nicht umfassend genug beschreibt. So geht es den großen Religionsstiftern immer wieder darum, sich selbst aus dem Weltlichen herauszunehmen. Einerseits geschieht dies durch Distanz zu anderen Menschen und ihren Einflüssen, also durch Einsamkeit; andererseits auch dadurch, dass sie sich von allem freimachen, was über das Lebensnotwendige hinausgeht. Das gezielte Fasten, also die Reduzierung von Lebensmitteln auf das absolut Notwendige, spielt dabei eine große Rolle, um tief in sein Inneres vorzudringen. Deshalb kennt das Christentum bis heute eine Fastenzeit, die am Aschermittwoch beginnt und bis Ostern dauert. Dass es sich – abzüglich der Sonntage – dabei um 40 Tage handelt, hat wiederum mit der bereits beschriebenen Symbolik zu tun. Wie das bei Symbolen nun einmal so ist: Man kann sie wortwörtlich auffassen; aber es gibt auch genügend Gründe, nicht unbedingt an eine reale Zeitdauer zu denken, sondern eben an eine symbolische.

Isolation und Fasten in Islam, Buddhismus und Hinduismus

Der Prophet Mohammed schaffte wohl erst durch sein Fasten die Voraussetzungen, dass ihm der Koran offenbart wurde. Durch ihn erhält der Islam sein Fastengebot, im Ramadan einen Monat lang – vom Erscheinen der Mondsichel bis zu ihrem nächsten Erscheinen – zu fasten.
Auch wenn es im Buddhismus keine einheitliche Fastenzeit gibt: Bevor Buddha zur Erkenntnis gelangte, soll unter einem Bodhi-Baum, einer Pappelfeige, gefastet haben.
Für den Hindu Mahatma Gandhi war das Fasten vor allem eine Möglichkeit, aggressive Situationen zu bereinigen: Die Beziehung zwischen Gegnern sollten dadurch, dass man sich auf das Wesentliche zurückzog, an Bedeutung verlieren und schneller entschärft werden können, so seine Vorstellung.

Noch mehr Song-Babys im Juni live

„Clarity“ ist nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird. Denn Justin Jesso hat eine ganze Reihe von „Song-Babys“, wie er liebevoll sagt, für sich zurückbehalten. Spätestens im Juni wird Justin die in einer ganzen Reihe von deutschen Städten live präsentieren. Im Moment aber müssen wir uns mit „Clarity“ begnügen. Aber das ist ja auch schon eine ganze Menge.
Justin Jesso und „Clarity“.

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