Rafferty, Gerry – Don´t Give Up On Me
Gut waren die Kritiken, die Gerry Rafferty als Teil der Formation Stealers Wheel einheimste. Dann gab es rechtliche Probleme, eine Zwangspause, in der Rafferty drei Jahre lang keine Platte veröffentlichen durfte. Der Frust über die verordnete Untätigkeit aber löste einen regelrechten Kreativitätsschub aus. Als Gerry dann 1978 endlich wieder im Studio stand, holte er sich Raphael Ravenscroft ins Studio. Und dessen Saxophon-Solo katapultierte Gerry Raffertys Single „Baker Street“ weltweit in die Gehörgänge… und natürlich in die Hitlisten.
Die Liebe zu leicht melancholischen, kritischen und sogar spirituellen Liedern hatte Rafferty quasi mit der Muttermilch eingesogen. Na ja, fast. Denn es war Raffertys Vater, ein tauber Ire, der leidenschaftlich gern sang, am liebsten irische Rebellenlieder. Gerry sog die in sich auf, stand außerdem auf katholische Kirchenlieder, britischen Folk und Pop der 50er Jahre. Und spätestens als er den frommen Gitarristen Bryn Hayward als Begleitmusiker ins Boot holte, erhielten seine Songs jene eigentümliche Mischung aus religiösen Anspielungen, Melancholie und Heimatverbundenheit.
Jede Menge Emotionen löste der Titel von Raffertys CD „On A Wing And A Prayer“ aus. Denn das war ein Sprichwort aus dem 2. Weltkrieg: Damals wurde einem britischen Bomberpiloten die Maschine nahezu völlig zerschossen, eine Tragfläche schwer beschädigt. Mit knapper Not kehrte er zur Basis zurück, mit nur einem Flügel und einem Gebet auf den Lippen, eben „On A Wing And A Prayer“. Der Satz wurde zum geflügelten Wort, nicht nur bei britischen Bomberpiloten: Wenn gar nichts mehr geht, dann hilft immer noch der liebe Gott. Hoffentlich!
Das Gefangensein zwischen Hoffnung und Hoffnungslosigkeit kommt in einem der schönsten Songs dieser CD zum Ausdruck: In „Don´t Give Up On Me“ kämpft ein Mensch, dessen Partnerschaft zerbrochen ist, mit Selbstzweifeln, steckt zwischen Hoffen und Resignation:
„Jede Nacht ist eine einsame Nacht, seit du gegangen bist. Aber du quälst mich in meinen Erinnerungen: Ich liege dann wach, denke an dich und an das Leben mit dir.
Mit dir ging die bessere Hälfte meines Ichs; ich kann diese harte Erkenntnis nicht ertragen. Nur durch dich kann ich wieder normal werden.
Ich denke an Jesus, der in die Welt kam, damit alle Menschen in seiner Liebe leben können. Und wenn ich auf meinem persönlichen Kreuzigungsweg ins Straucheln gerate, dann, meine Liebe, lass mich nicht hängen.“
Sein persönliches Kreuz auf sich nehmen, sein Schicksal annehmen, egal, was auch passiert, und doch die Hoffnung nicht aufgeben – das ist die Botschaft, die Rafferty mit seinem Song transportiert. Und seine Bitte, „lass mich nicht hängen“, richtet sich nicht nur an Menschen, sondern auch… an Gott. Davon singt Gerry Rafferty in Don´t Give Up On Me
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