Queen – Tie Your Mother Down
„Fast Roger getötet, muss man sagen!“ Der Videokommentar von Queen-Gitarrist Brian May ist nicht zu überhören – aber zu sehen bekommt nur der etwas, der sich verschiedene Videoclips ganz genau anschaut. Was er dann sieht, ist… nichts. Denn die Szene, um die es hier geht, wurde sorgsam herausgeschnitten. Allerdings eben nur „so gut, wie es ging“. Und das bedeutet: Zumindest dass etwas herausgeschnitten wurde, ist deutlich erkennbar.
“Wumms!“ Die Macht der Feuerwerkskörper
Dass, was Queen-Schlagzeuger Roger Taylor erlebte oder besser: knapp überlebte, ereignete sich beim Videodreh für den Queen-Song „Tie Your Mother Down“. Queen, bekannt dafür, während ihrer Songs immer mal wieder ein bisschen zu feuerwerken, hatten auch für diesen Dreh die Bühne mit ein paar Feuerwerkskörpern bestücken lassen. Als einer davon explodierte, passierte es: Völlig unerwartet schleuderte der Explosionsdruck Roger Taylor von seinem Schlagzeughocker. Der verdutzte Drummer fand sich plötzlich hinter der Bühne wieder. Klar, dass der Videodreh kurz unterbrochen wurde. Weil sich aber Roger schnell wieder bekrabbelte, konnte ebenso schnell weitergedreht werden. Logisch auch, dass die kurze Sequenz nicht in der Endfassung des Videoclips enthalten ist. Herausgeschnitten wurde auch, dass sich Freddie Mercury blitzschnell umdreht und sich vermutlich wundert, was denn Roger jetzt schon wieder angestellt hat…
Nie der ganz große Hit
Auch wenn Queen „Tie Your Mother Down“ in nahezu jedem Konzert spielten – im Bereich der Hitlisten wurde der Song nie wirklich der ganz große Burner. Dazu ist sein Intro vielleicht auch einfach zu heftig. (By the way: Wer meint, dieses Gitarrensolo auch am Ende des Queen-Songs „Teo Toriatte“ zu hören und wer weiterhin meint, dass damit eine Verbindung zwischen diesen beiden Songs hergestellt wird, hat Recht. Mehr würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen…)
Fest steht: Das Intro zu „Tie Your Mother Down“ übertrifft sogar an Härte und Bösartigkeit den legendären Queen-Song „Death On Two Legs“,
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den Freddie Mercury als Abrechnung mit einem Ex-Manager der Band geschrieben hatte. Wahrscheinlich habe ihn Brian May, als er „Tie Your Mother Down“ schrieb, an Bösartigkeit übertrumpfen wollen, sagte Freddie Mercury später augenzwinkernd in einem Interview. Ein Song entstanden aufgrund übler, bösartiger Launen, so der Queen-Shouter damals.
Bitterböser Text
Der Songtext trägt dazu bei, dass diese Interpretation realistisch erscheint. Denn da heißt es:
„Deine Mama sagt, du tust es nicht.
Dein Daddy sagt, du wirst es nicht tun.
Und ich koche innerlich auf.
Diesmal werde ich auf keinen Fall verlieren, oh nein.
Binde deine Mutter fest! Sperr deinen Daddy aus!
Ich brauche das nicht, dass er hier herumschnüffelt.
Und nimm deinen kleinen Bruder mit zum Schwimmen –
mit einem Ziegelstein! (Das ist in Ordnung!)“
Du sollst deine Eltern ehren?
Zugegeben: Das berühmte biblische „Du sollst deine Eltern ehren“ hat in diesem Song keinen Platz. Aber ganz so böse, wie es sich anhört, ist der Song gar nicht. Im Gegenteil hat er nämlich sogar eine äußerst romantische Entstehungsgeschichte: Brian May, bekanntermaßen seit 2007 Doktor der Astrophysik, befand sich auf Teneriffa, um von dort aus die Sterne zu beobachten. Feldforschung für seinen Master-Abschluss, sozusagen. Und wie das bei einem fast meditativen Blick hinaus „in unendliche Weiten“ nun einmal so ist: In Brians Kopf setzte sich ein Gitarrenriff fest, dass er immer wieder spielte. Einen passenden Text dazu fand er nicht. Außer eben die Zeile „Tie Your Mother Down“, die er immer wieder vor sich hinnuschelte. Dass andere Quellen berichten, Brian sei dieses Riff nicht unter dem Sternenhimmel eingefallen, sondern im Bett – geschenkt.
Frustrierte Jungs…
Doch damit nicht genug. Brian May wusste selbst nicht, wie er auf die vier Worte gekommen war. Seine Mutter anbinden? Er war fest davon überzeugt, dass man so etwas nicht singen dürfe. Aber dann löste er selbst das Geheimnis der Inspiration für diesen Song: Im Kopf hatte er nämlich die Geschichte von einem Jungen, der sich unsterblich in ein Mädchen verliebt hat. Das würde er gern näher kennenlernen – aber ihre Eltern sind dagegen. Warum aber verbieten ihrer Eltern den beiden, miteinander auszugehen? Warum ist die Mutter des Mädchens nicht mit dem Jungen einverstanden? Und wie empfindet ein Junge, der merkt, dass die Eltern jegliche Annäherung an seine Angebeteten zu verhindern versuchen? 1977, als „Tie Your Mother Down“ entstand, sind die Jungs frustriert. Und beschließen, die störenden Eltern irgendwie vorübergehend aus dem Weg zu räumen. Mutter anbinden, Vater kaltstellen, den Bruder – was mischt der sich eigentlich ein? – im nächstbesten See nach Mafia-Manier versenken. Vielleicht nicht unbedingt mit den Füßen in einem Eimer voller Beton. Ein paar Ziegelsteine reichen auch.
Nur bildlich gemeint!
Immer wieder hat Brian May darauf hingewiesen, dass er diese Forderungen allenfalls bildlich gemeint habe. Nie sei es ihm darum gegangen, real gegen die Eltern vorzugehen. Aber immerhin zeigt sich an diesen sprachlichen Bildern, wozu Liebe fähig macht. Abgesehen davon, dass es sich zumindest um vermeintliche Notwehr handelt. Denn im Text heißt es auch:
„Deine Mutter und dein Vater werden mich quälen, bis ich sterbe!“
Alles aber halb so wild. Denn wer hören will, findet im Text auch die Versicherung:
„Auch wenn sie es nicht verstehen: Ich bin nur ein friedliebender Typ!“
Ventil und Atempause – das ist Rock ‘n‘ Roll!
Wer unbedingt noch ein entlastendes Argument benötigt, dem sei dies hier mit auf den Weg gegeben: „Tie Your Mother Down“ ist in seiner Entstehung und in seiner Wortwahl vor allem eins: Ventil und Atempause inmitten knallharter schwieriger Studien zur Astrophysik. Einfach mal richtig die Sau rauslassen, damit es anschließend umso strebsamer und fleißiger weitergehen kann. Und, hey, genau das ist Rock ‘n‘ Roll!
Queen und „Tie Your Mother Down“.
Der bei Classic Rock Radio gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.
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