Presley, Elvis – If I Can Dream
Elvis Presley und Martin Luther King – die beiden so unterschiedlichen Männer haben mehr gemeinsam, als man vielleicht meint. Beide stammen aus den Südstaaten der USA, beide stammen aus armen Familien. Und selbst wer heute noch einen Roadtrip
durch die US-Bundesstaaten Georgia, Mississippi und natürlich Tennessee unternimmt, kommt an den beiden Legenden nicht vorbei. Immer noch ist viel von den Lebensumständen und der Kultur zu spüren, die beide in sich aufsogen und aus der sie die Kraft für ihre wenn auch unterschiedlichen Missionen zogen:
Roadtrip: Atlanta
In Atlanta im US-Bundesstaat Georgia lohnt sich eine Besichtigung des Geburtshauses von Martin Luther King. Von der Ebenezer Baptist Church, wo King predigte, ist es nur ein kurzer Fußweg zum Friedhof, auf dem der Prediger und Bürgerrechtler zusammen mit seiner Frau seine letzte Ruhe fand. Klar, dass Atlanta des großen Sohnes der Stadt mit vielen Veranstaltungen durch das Jahr hindurch gedenkt.
Montgomery Bus Boycott
Knapp 2 1/2 Autostunden südwestlich von Atlanta befindet sich die Stadt Montgomery. Vom dortigen Pfarrhaus aus nahm m Dezember 1955 der legendäre Montgomery Bus Boycott seinen Lauf, unterstützt – natürlich – durch Martin Luther King. Schwarze durften zu dieser Zeit nur bestimmte Sitzreihen in den Bussen nutzen, mussten zudem ihren Platz räumen, wenn Weiße keinen Sitzplatz mehr fanden.
Montgomery ist auch die Heimatstadt der Country-Legende Hank Williams – einer der Sänger, die auch für den jungen Elvis Presley zur Inspiration wurden.
Birmingham, Alabama
Nur 1 ¼ Stunden weiter nördlich liegt Birmingham, Alabama. In der 16th Street Baptist Church unternahmen Unverbesserliche im September 1963 einen Bombenanschlag, bei dem vier Mädchen ihr Leben verloren. Joan Baez (Birmingham Sunday) und John Coltrane (Alabama) widmeten den Toten jeweils Lieder. Martin Luther King predigte auch in dieser Kirche. Dessen engagierte Predigten, vor allem aber das Attentat führten dazu, dass 1964 der Civil Rights Act beschlossen wurde. Damit war die Rassentrennungspolitik verschiedener Südstaaten der USA zumindest auf dem Papier Geschichte. Erwähnenswert ist der in Montgomery gelegene Kelly Ingram Parc, eine Art Freilichtmuseum voller Skulpturen, die über die Geschichte der US-amerikanischen Rassentrennung und der Civil Rights Act Auskunft geben. Skulpturen zähnefletschender Hunde, die in den 1960er Jahren von Weißen als Waffe gegen Schwarze eingesetzt wurden, sind wegen ihres realen Bezugs sicher nichts für schwache Nerven.
Indianola und B.B. King
Etwas mehr als 4 Stunden weiter befindet sich Indianola, Mississippi, der Geburtsort von B.B. King. Im eigens ihm gewidmeten Museum kann man auf seinen Spuren wandern. King, aber auch andere Größen traten im Ebony Club auf. Ray Charles und Ike Turner sind nur zwei von ihnen. Vor allem aber kann man hier, im Mississippi-Delta deutlich erkennen, welche Eigenheiten die Südstaaten bis heute prägen. Wie stark muss dies erst vor 60, 70 Jahren gewesen sein?
Clarksdale: Robert Plant und Jimmy Page lassen grüßen
Von Indianola nach Clarksdale hat möglicherweise Robert Plant und Jimmy Page im Ohr: Ihr 1998er Album „Walking Into Clarksdale“ verbeugt sich vor der Stadt als Geburtsort des Blues, auch wenn ein anderer Titel dieses Albums als Wiederveröffentlichung von Plant gemeinsam mit Alison Krauss 2007 zum großen Abräumer avancierte, nämlich „Please Read The Letter“. Das Delta Blues Museum sowie das Rock & Blues Museum laden zu einer musikalischen und gleichzeitig kulturgeschichtlichen Zeitreise ein. Mehr Südstaaten als hier geht nicht.
Tupelo: Elvis und seine erste Gitarre
Wer will, erreicht von hier aus in zweistündiger Autofahrt Richtung Osten Tupelo, dem Geburtsort von Elvis Aaron Presley. Immer noch existiert ein Geschäft mit dem Namen Tupelo Hardware. Hier kaufte Mama Gladys ihrem Elvis seine erste Gitarre. Jedes Jahr im Juni feiert die Stadt ihren berühmten Sohn mit dem Tupelo Elvis Festival. Musiker aus der näheren, aber auch weiten Teilen der USA geben sich hier ihr Stelldichein. Das Gospelkonzert am Sonntag ist Pflicht – schließlich war Elvis zeitlebens ein religiöser Mensch, selbst wenn das nicht immer nach außen drang.
Memphis und Graceland
Wer sich Tupelo schenken möchte, erreicht von Clarksville Richtung Norden nach knapp 1 ½ Stunden Memphis. Hier begann der Lastwagenfahrer Elvis Aaron Presley seine Karriere im berühmten Sun Studio. Im Stadtteil Whitehaven liegt Graceland, das Anwesen, in dem Elvis zwischen 1957 und 1977 lebte. Wie textete doch Paul Simon in „Graceland“:
„The Mississippi Delta was shining like a national guitar.
I am following the river down the highway through the cradle of the Civil War.
I’m going to Graceland, Graceland, Memphis, Tennessee,
I’m going to Graceland.
Poor boys and pilgrims with families and we are going to Graceland.“
Memphis ist der Kulminationspunkt von Elvis Presley und Martin Luther King. Hier lebte und starb, wie gesagt, Elvis, in den hiesigen Studios von Sun Records machte er seine ersten Plattenaufnahmen, hier diente sich ihm Colonel Tom Parker als Manager an. Und in Memphis wurde Martin Luther King am 4. April 1968 Opfer eines tödlichen Attentats.
I have a dream
Ein Song aus dem Repertoire von Elvis ist eine massive Verbeugung vor dem schwarzen Bürgerrechtler Martin Luther King. Der hatte am 28. August 1963 vor über 250.000 Menschen seine wohl bedeutsamste Rede gehalten. Benannt wurde die Rede nach ihren Anfangsworten „I have a dream“. In ihr beschwor der Prediger die Gleichheit der Menschen, egal welcher Hautfarbe sie seien. Und eine Zukunft, in der die Spuren des Rassenhasses verschwunden seien.
Elvis Comeback Special
Elvis hatte die 1960er Jahre überwiegend mit dem Drehen von Filmen verbracht, in denen er seine Songs zum Besten geben durfte. Am 3. Dezember 1968 strahlte der Fernsehsender NBC das sogenannte Elvis Comeback Special. Einer der Songs wurde erst kurz vor der Show geschrieben und gilt als Reaktion auf die Ermordung Martin Luther Kings, aber auch des US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Robert Kennedy, die beide im April bzw. Juni desselben Jahres ermordet worden waren.
If I Can Dream
„If I Can Dream“ greift die legendäre Rede Kings direkt auf. So singt Elvis:
„Irgendwo müssen die Lichter heller brennen.
Es muss Vögel geben, die höher fliegen in einem blaueren Himmel.
Wenn ich von einem besseren Land träumen kann,
wo alle meine Brüder Hand in Hand gehen,
sag mir, warum, oh warum, kann mein Traum nicht wahr werden?
Irgendwann muss es Frieden und Verständnis geben.
Starke Winde der Verheißung, die den Zweifel und die Angst wegblasen.
Wenn ich von einer wärmeren Sonne träumen kann,
wo die Hoffnung auf jeden scheint,
sag mir, warum, oh warum wird diese Sonne nicht erscheinen?“
Was hoffnungslos scheint, nimmt eine hoffnungsvolle Wendung:
„Wir sind verloren in einer Wolke mit zu viel Regen.
Wir sind gefangen in einer Welt, die von Schmerz geplagt ist.
Aber solange ein Mann die Kraft hat zu träumen,
kann er seine Seele erlösen und fliegen.
Tief in meinem Herzen gibt es eine zitternde Frage
Doch ich bin sicher, dass die Antwort irgendwie kommen wird.
Da draußen im Dunkeln ist eine winkende Kerze.
Und solange ich denken kann, reden, stehen, gehen und träumen kann:
Oh, bitte lass meinen Traum wahr werden. Genau jetzt.
Lass ihn jetzt wahr werden.“
Gebet
Ein Song ist ein Gebet, bittet Gott um Hilfe… und zwar am besten sofort. Denn Menschen schaffen es einfach nicht, diese paradiesischen Zustände herbeizuführen.
Auch heute, 55 Jahre später, ist es aktuell. Denn nach wie vor sind Einheit, Frieden, Freiheit und Glück vieler Menschen bedroht, beschränken gesellschaftliche Unterdrückung und Kriege die Entfaltung der Menschen. Mit vielen sprachlichen Bildern fordern Martin Luther King und Elvis Presley, was sich auch unser Grundgesetz und die Charta der Menschenrechte auf ihre Fahnen geschrieben haben: Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen oder Behinderung dürfen nicht zu einer Benachteiligung der Betroffenen führen.
Traum von einer besseren Welt
Martin Luther King wurde im April 1968 ermordet; Elvis starb am 16. August 1977. Und egal ob „I have a dream“ oder „If I Can Dream“ – die Träume und Wünsche von einer friedfertigeren Welt leben bis heute fort.
Elvis Presley und „If I Can Dream“
Der bei Classic Rock Radio gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.
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