Deep Purple – Mary Long
Ian Gillian, Ritchie Blackmore, Roger Glover, Jon Lord und Ian Paice – für eingefleischte Deep Purple-Fans ist dies das legendärste Line-Up der Band. Wohl auch das erfolgreichste. Denn „In Rock“, „Fireball“, „Machine Head“ und „Who Do You Think We Are“ machten die Band weltberühmt. Für „Who Do You Think We Are“ kam die Band sogar nach Frankfurt. Nur wenige Monate später waren Deep Purple in den USA der „most selling act“, verkauften also die meisten Platten. Sicher auch dank des Megahits „Woman From Tokyo“. Der Rest des Albums war gute Durchschnittsware – nach 18 aufreibenden Monaten auf Tour war vielleicht auch nicht mehr zu erwarten. Zumal es im Bandgefüge knirschte: Ian Gillian war hin – erst zwölf Jahre später kam die Band in genau dieser Besetzung wieder zusammen. Was sonst noch bleibt, ist auch der kryptische Song „Mary Long“. Im Text heißt es:
Mary Long ist eine Heuchlerin. Sie tut all die Dinge, von denen sie uns erzählt, dass wir sie nicht tun dürfen. Sie verkauft Firlefanz aus einem Ramschladen, ertränkt Kätzchen wegen des Nervenkitzels und schreibt Predigten für das Sonntagsblättchen
Fragen? Zumindest die, wer denn „Mary Long“ eigentlich ist. Vermutung Nummer eins: Die Frau auf der Packung der Schweizer Zigarettenmarke Mary Long. Jahrzehntelang wurde deren Identität geheim gehalten – bis schließlich eine gewisse Colette Schneider den Ruhm für sich in Anspruch nahm. Leider eine passionierte Nichtraucherin! Passte zwar zum Heucheln im Song, war aber wohl Frau Schneiders Erfindung. In Wahrheit ist Deep Purples „Mary Long“ eine Attacke gegen zwei englische Moralaposteln: MARY Whitehouse wollte das englische Fernsehen säubern. Denn das verseuchte schließlich die nationale Moral. Lord LONGford war ein exzentrischer Aristokrat, der sich über die Unanständigkeit in Stipclubs echauffierte. Und der Lord wusste, wovon er redete. Hatte er doch höchstselbst jede Menge Recherche in Stripclubs betrieben! Den Beinamen „Lord Porn“ wurde er nicht mehr los.
Deep Purple strickten eine eigene Story rund um die Namen, machte aus MARY Whitehouse und Lord LONGford ihre MARY LONG. „Wir wollten gegen diese selbsternannten Sittenwächter der frühen 70er Jahre protestieren“, sagte Shouter Ian Gillain im Interview. Viele von ihnen waren für die Band nur sprichwörtliche Pharisäer. Also überhebliche, selbstgefällige Menschen, die nichts als ihr eigenes Handeln als richtig ansehen. Was Deep Purple dabei vermutlich nicht einmal wussten: Sie aktualisierten damit ein Stück Bibel auf ganz zeitgemäße Weise. Denn den Pharisäern ruft Jesus zu: „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden!“ Bei Deep Purple hieß das folglich: Pass auf, dass du nicht zu einer Mary Long wirst! – Hier sind Deep Purple, von ihrem 73er Album „Who Do You Think We Are“ und Mary Long.
Kommentare
Hinterlassen Sie ein Kommentar