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Fury, Billy – Wycherley, Ronald William

Wer nach Liverpool kommt, findet dort – natürlich – eine Statue der Beatles. Aber nicht nur das: Denn Liverpool kann auch mit einer Statue von Ronald William Wycherley aufwarten. Von genau dem Mann, der in den 1960er Jahren genauso viele Hits wie die Beatles in die Charts brachte, nämlich 24. Und der insgesamt 332 Wochen Chartplätze für sich verbuchen konnte, ohne allerdings jemals einen Nummer Eins-Hit oder ein entsprechendes Album vorweisen zu können. Und da wir schon einmal bei Zahlen und Superlativen sind: Lediglich die Beatles, Cliff Richard und Elvis Presley hatten um UK mehr Top 20-Hits als

Billy Fury. Denn so lautet der Künstlername des am 17. April 1940 in Liverpool geborenen Musikers.

Seine größten Hits waren „Maybe Tomorrow“ und „Margo“ (je 1959), „Colette“, „That’s Love“ und Wondrous Place (1960), „A Thousand Stars“, vor allem „Halfway To Paradise“, Jealousy“, „I’d Never Find Another You“ und „Last Night Was Made For Love“ (alle 1961). Im selben Jahr erreichten auch „Once Upon A Dream“, „Like I’ver Never Been Gone“ und „In Summer“ jeweils mindestens die Top 7 in den UK-Charts.

Im Alter von elf Jahren bekam Billy, der damals noch Ronald hieß, seinen ersten Klavierunterricht. Mit 14 Jahren schenkten ihm seine Eltern seine erste Gitarre. Wie viele Bewohner Liverpools in der damaligen Zeit verdiente sich Ronald nach der Schulzeit seinen Lebensunterhalt im Hafen, arbeitete dort eine Zeit lang auf einem Schlepper. Das Arbeitsverhältnis wurde nach einer Schlägerei beendet. Immerhin lernte Ronald durch den Kontakt mit Seeleuten aus den USA angesagte US-Musik kennen, in dieser Zeit hauptsächlich Country- und Westernmusik. Deren Texte bezeichnete er später sinngemäß als „Geschichten über das wahre Leben“. Gleichzeitig waren die Songs die Initialzündung, um später einer der bekanntesten Merseybeat-Musiker zu werden.

Der künstlerische Aufstieg wäre für Ronald William Wycherley ohne Larry Parnes, dem ersten hauptberuflichen britischen Pop- und Rockmanager, kaum denkbar gewesen. Wie vielen anderen seiner Künstler verpasste Parnes auch Ronald William Wycherley seinen Künstlernamen, nämlich Billy Fury. Parnes arbeitete akribisch am Image seiner Musiker, zu denen auch Tommy Steele und Marty Wilde gehörten. Gelegentlich stellte Parnes die Musiker selbst ein und bezahlte sie aus eigener Tasche, statt in deren Auftrag zu arbeiten. Dies führte allerdings später zu Rechtsstreitigkeiten zwischen einer Reihe von Musikern und Parnes über vermeintlich vorenthaltene Tantiemen. Fury entging dem durch einen Trick: Um von Parnes die vollständigen Tantiemen zu erhalten, schrieb er eine Reihe von Titeln unter dem Pseudonym „Wilbur Wilberforce“.
Parnes Idee: Er baute gutaussehende Musiker als Teenager-Idole auf und verband damit die Hoffnung, sie schrittweise auch an Filme, Varietés und „erwachsenere Popmusik“ heranzuführen, so dass sie einem mit ihnen älterwerdenden Publikum weiterhin gefallen würden. Daher spielte auch Billy Fury in Serien und Filmen mit und trat auch in Fernsehshows auf.
Wenn man so will, war Parnes der Erfinder der package-Touren, bei denen gleich mehrere Künstler in einem Tourbus durchs Land zogen und nacheinander am selben Abend auf derselben Bühne standen. So schickte er Johnny Gentle mit den Silver Beatles, einem Vorläufer der späteren Beatles, auf Tour und heuerte die Instrumentalgruppe The Tornados, die 1961 als erste britische Band in den USA einen Nummer-Eins-Hit mit „Telstar“ landen konnten, als Begleitband für Billy Fury an. Als Begleitband für Fury spielten auch die Silver Beatles vor, wurden aber abgelehnt. Unklar ist, ob Fury selbst oder Parnes hier die Entscheidung trafen.

Anfang der 1970er Jahre hatte sich Fury nach einem Herzinfarkt (s.u.)

aus dem Künstlerleben zurückgezogen. Dies änderte sich, als er 1973 im Film „That‘ll Be The Day“ (deutscher Titel: „Trau keinem über 18“) die Hauptrolle des „Stormy Tempest“ spielen konnte. Der Film zeigt den Aufstieg der (fiktiven) Stormy Tempest-Band und hat deutliche Anklänge an den Aufstieg der Beatles. Neben Fury spielen Ringo Starr und David Essex im Film mit.

Privat engagierte sich Billy Fury vor allem für den Tierschutz.

Der Musiker durchlebte Höhen und Tiefen, geriet in die Abhängigkeit von Alkohol und litt phasenweise an schweren Depressionen. Mit sechs Jahren war er an einem rheumatischen Fieber erkrankt, das trotz eines zweimonatigen Krankenhausaufenthalts eine dauerhafte Herzschwäche nach sich zog. Mit zwölf Jahren bekam er einen Rückfall, verließ das Krankenhaus heimlich über ein Regenfallrohr, wurde aber „eingefangen“ und wieder ins Krankenhaus gebracht. In dieser Phase hörte er wie ein Arzt seiner Mutter sagte, er, Ronald würde das 30. Lebensjahr nicht erreichen. Seitdem rechnete er mit einem frühen Tod. Zweimal, nämlich 1971 und 1976, wurde er am Herzen operiert. Im Frühjahr 1982 hatte er einen Herzinfarkt, infolgedessen er an Lähmungserscheinen und vorübergehend an Erblindung litt. Ein knappes Jahr später, im Januar 1983, verstarb Billy Fury im Alter von 43 Jahren an Herzversagen.

Drei Monate nach seinem Tod fand in Hayes (Londoner Stadtteil Hillingdon) ein Tribute-Konzert statt, bei dem die auftretenden Künstler Erlöse für den Billy Fury Memorial Fund einspielten, einer Initiative zur Erforschung von Herzkrankheiten. Auf der Bühne standen Dave Berry, Joe Brown, John Miles, Helen Shapiro, Alvin Stardust und Marty Wilde mit seiner Tochter Kim Wilde.
Der offizielle Billy Fury-Fanclub „The Sound Of Fury“ sammelte Geldspenden, so dass im April 2003 in Liverpool eine Bronzestatue von Billy Fury aufgestellt werden konnte.
Im September 2003 wurde in der Londoner Cavendish Avenue mit dem Verweis auf Billy Fury eine blaue Plakette angebracht, da der Musiker – übrigens wie Paul McCartney – eine Zeit lang in dieser Straße gewohnt hatte.
In der Nähe der Londoner Decca-Studios, wo Fury viele Songs aufgenommen hatte, wurde 2010 eine bis dahin namenlose Gasse offiziell zum „Billy Fury Way“.

1999 verwendete der Autohersteller Toyota den Billy Fury-Titel „Wondrous Place“, ein Fury-Favorit, den der Sänger selbst mehrfach neu aufgenommen hatte, für die britische Fernsehwerbung des Toyota Yaris und verschaffte damit Billy Fury posthum Aufmerksamkeit.

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