Zum Geburtstag von Ozzy Osbourne – „Fürst der Finsternis“ gestern 73 Jahre alt (4. Dezember)
Keine Frage: Spätestens seit Ozzy Osbourne bei der MTV-Homestory „The Osbournes“ den völlig überdrehten Vater einer Gruselfamilie gab, gab es genügend Gründe, ihn in eine einzige Schublade zu packen: in die des Oberprolls. Wer schon immer mit dem Mann aus Birmingham auf Kriegsfuß stand, hatte es ja sowieso gewusst: Was war von jemandem, der mit 15 Jahren die Schule schmiss, sich mit Jobs als Klempner Schlachter, Maler und Bestattungsgehilfe durchschlug, als Einbrecher und Dieb weitermachte und im Knast landete, denn auch anders zu erwarten?
Nicht anders zu erwarten
Dort tätowierte sich John Michael Osbourne seinen Spitznamen Ozzy auf die Finger. Und später, als er längst zum selbsternannten „Fürsten der Finsternis“ geworden war, flog er wegen verschiedener Eskapaden, wegen Drogen und Alkohol sogar aus der von ihm gegründeten Band „Black Sabbath“. Die war ja eh schon wegen satanistischer Texte in die Schlagzeilen geraten.
Und was macht Ozzy? Verzapft einen Song über den Begründer des modernen Satanismus, Aleister Crowley, beißt auf der Bühne einer lebenden Fledermaus den Kopf ab, erwürgt im Suff und Drogenrausch beinahe seine Frau Sharon – und damit ausgerechnet die, die ihn für viel Geld aus dem Plattenvertrag mit ihrem eigenen Vater herausgekauft hatte, es seinetwegen zu einem Zerwürfnis mit dem Vater kommen ließ und 20 Jahre lang nicht mehr mit ihm sprach. Ja, Ozzy Osbourne ist nicht nur ein Madman, er ist „der Madman“! Und der reist nicht nur auf der Überholspur. Der reist auf einem ganz besonderen „Crazy Train“.
Suicide Solution – Selbstmord eines Jungen
1986 zerren Eltern diesen Verrückten vor Gericht: Ihr Sohn hatte angeblich immer wieder Ozzys „Suicide Solution“ gehört und sich dann das Leben genommen. Ozzy hatte also, so die Eltern, den Tod des Jungen hervorgerufen, hatte den Selbstmord provoziert.
Ein Gericht sah das übrigens anders. Es folgte der Begründung Osbournes, dass er einen Tribute-Song für den AC/DC-Shouter Bon Scott geschrieben habe. Der hatte sich 1980 dermaßen zugeschüttet, dass seine Hirnfunktionen ein wenig aus dem Takt gekommen waren.
Bon Scott: erfroren
Deshalb hatte es der Sänger nicht mehr geschafft, aus dem Auto zu krabbeln. Und war, auch wenn hundertmal Alkoholintoxikation, also „Überdosis Alkohol“ auf dem Totenschein stand, aufgrund der herrschenden Kälte schlichtweg erfroren. Die Realität in einem musikalischen Kunstwerk festzuhalten, wie Osbourne das tat, ist alles andere als ein Verbrechen. Im Gegenteil: Eigentlich war der Song als Verbeugung vor dem Sänger, vor allem aber auch als Warnung vor dem Missbrauch von Alkohol gedacht. Und da wusste Ozzy ja aus eigener Anschauung, wie problematisch und gefährlich dieser Missbrauch sein konnte.
Mr. Crowley
Anders als vielfach dargestellt – das gilt wohl auch für den Song über den Satanisten Aleister Crowley. Ja, ja, dessen Leben war schrill, außergewöhnlich. Was er verkündete, brach sämtliche Tabus, stellte die Wirklichkeit auf den Kopf. Und brachte Osbourne zu der banalen Frage: What went on in your head – was ging nur in deinem Kopf vor? Verehrung, Bekenntnis zum Satanismus sieht anders aus. Besonders deutlich wurde
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Kampf Gut gegen Böse
Ozzy Osbourne – das ist eben nicht die Ausgeburt des Teufels oder der Satan in Menschengestalt. Ja, in seinem Texten dreht es sich immer wieder um den Untergang der Welt, um die Kraft, mit der der Satan nach der Welt und jedem einzelnen Menschen greift. Osbournes Texte handeln immer wieder vom Bösen in der Welt, von Höllenfeuer und Endgericht – und von Jesus.
Damit steht Ozzy Osbourne übrigens nicht allein. Auch Schockrocker Alice Cooper bringt immer wieder das Böse auf die Bühne. Am Ende aber siegt bei ihm immer wieder das Gute. Grund genug für eine katholische Universität, dem oft verkannten Alice schon vor Jahren die Ehrendoktorwürde zu verleihen – und das nicht nur wegen der vielfältigen Unterstützung der Uni durch Alice.
Godi s Dead
Und warum kommt es dann zu Songtiteln wie „God is Dead“? Weil er die Schlagzeile beim Arzt im Wartezimmer gelesen habe, so Ozzy im Interview. Dabei sei ihn ihm die Frage hochgekommen, warum Menschen immer wieder fürchterliche Taten verübten und sich dabei auch noch auf Gott beriefen. Menschen zu verletzen sei immer böse. Das könne kein Gott gutheißen. Zumindest sei das nicht seine Definition von Gott. Ein todbringender Gott sei selbst tot.
Dreamer
Ozzy Osbourne wirkt wie ein Träumer, der in seinen Fantasien lebt. Ein Träumer, der, wie viele andere, letztlich nur nach einem Weg sucht, sein Leben zu meistern. Oder wie er in „Dreamer“ singt: Deine höhere Macht mag Gott oder Jesus Christus heißen – das interessiert mich nicht wirklich. Aber ohne gegenseitige Hilfe gibt es keine Hoffnung für uns.
Nicht etwa Jesus interessiert ihn nicht, wie entsetzte Christen interpretierten. Osbourne hält die Terminologie für uninteressant. Aber an ihren Taten werdet ihr sie erkennen, so der Kontext. Und der bezieht sich auf eine Aussage des Verfassers des 1. Johannesbriefes in der Bibel.
Kein Cent für einen Bettler. Aber…
2010 kommt Ozzy Osbourne auf besondere Weise in die Schlagzeilen. Damals wird der bekennende Christ von einem Bettler auf der Straße angesprochen. Nicht einen einzigen Cent rückt Ozzy raus. Er hat nämlich überhaupt kein Geld in der Tasche. Kurzerhand streift der Rockstar seine Armbanduhr ab und drückt sie dem verdutzten Mann in die Hand. Schlappe 3.400 Euro soll das gute Teil mal gekostet haben. Als „Uhr von Ozzy“ dürfte sie unter Sammlern deutlich mehr wert sein.
Ab in die Schublade! Fertig?
Was ich daraus lernen möchte? Erstens: Menschen ratzfatz in eine Schublade zu stecken, erweist sich oft als Irrtum. Zweitens: Wird jemand dafür bezahlt, den Kasper zu machen, dann ist das ein Job. Mensch ist er aber auch im restlichen Teil seines Lebens. Und drittens, Image hin oder her: Ozzy Osbourne tut das, was zum Glauben unabdingbar dazugehört: Er stellt Fragen, er provoziert, auch um Antworten auf ungestellte Fragen zu bekommen. Und um sich und andere zum Denken anzuregen. Menschen, die wie er auf der Suche sind nach dem Sinn im Leben, nach einer Wirklichkeit, die mehr trägt, als unsere Alltagswelt uns oft vorgaukelt.
Parkinson
Seit mehreren Jahren leidet Ozzy Osbourne an Parkinson. 2019 habe er nahezu nur im Bett gelegen, sei, wenn überhaupt, im wahrsten Sinne des Wortes am Stock gegangen. Mittlerweile hat er sich einer Stammzellentherapie unterzogen, ist längst wieder auf dem Weg der Besserung. Vielleicht ist es ganz gut, dass seine Konzerte, die für den Herbst 2022 geplant waren, mittlerweile Stück für Stück auf das Frühjahr 2023 verschoben werden. Da verbleibt etwas mehr Kraft, in der sich der Godfather of Metal erholen kann.
Abschiedstour, neue Platte, Geburstag
Wenn Ozzy Osbourne wirklich noch einmal auf Tournee geht, soll das sein Abschied werden – zumindest von der Bühne. Vorher wird er ein neues Album vorstellen, eines, für das sogar sein ehemaliger Band-Kumpel Tony Iommi einen Song geschrieben hat. Was nicht ausschließt, dass noch weitere Alben folgen werden. „Ich höre erst dann auf, wenn man mich in den Sarg legt“, soll Ozzy einmal gesagt haben. Hoffen wir, dass es bis dahin noch eine ganze Weile dauert. Alles Gute für die Gesundheit. Und „happy birthday“, Ozzy. Denn gestern wurde der Mann aus Birmingham 73 Jahre alt.
Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.
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