Peanuts – Erstveröffentlichung der Comicreihe (2. Oktober)
Keine Frage: Vieles im Leben ist eine Frage des Standpunktes. Wenn derzeit die Preise an den Zapfsäulen explodieren, wenn Heizöl, Gas und Strom teurer werden, dann mag das der eine oder andere als Peanuts bezeichnen. Was sind schon 20, 30 oder auch 100 Euro im Jahr? Wer solche Summen aus der Portokasse zahlen kann, den müssen sie nicht aufregen. Und er kann sie getrost als Peanuts bezeichnen. Ein Begriff, den wir Hilmar Kopper zu verdanken haben. Denn erst nachdem der damalige Vorstandsprecher der Deutschen Bank diesen Begriff gebraucht hatte, wurde er einer breiten Masse bekannt. Und dank des Aufschreis, den Koppers Wortwahl auslöste, wurden die „Peanuts“ 1994 sogar zum Unwort des Jahres erklärt. Dabei hatte Kopper
Peanuts – Unwort des Jahres 1994
aus seiner Sicht noch nicht einmal Unrecht. Denn die Insolvenz des Immobilienunternehmers Jürgen Schneider hatte offene Forderungen von rund fünf Milliarden DM hervorgerufen. Da waren die 50 Milliönchen, die die Deutsche Bank für offene Handwerkerrechnungen aufwenden wollte, tatsächlich nur Peanuts. Zumindest aus Sicht von Hilmar Kopper und der Deutschen Bank. Für die zahllosen Kleinbetriebe bedeuteten die Beträge, die ihnen fehlten, schlichtweg die Insolvenz, für ungezählte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nichts anderes als den Verlust ihrer Arbeitsplätze. Wirklich Peanuts, Herr Kopper? Man könnte dem Mann nun eine gehörige Portion Egozentrik oder schlichtweg fehlenden Weitblick und fehlende Sensibilität unterstellen und sich fragen, ob das nicht genau die Eigenschaften sind, die jemanden als Führungskraft ungeeignet erscheinen lassen. Tun wir aber an dieser Stelle nicht. Denn hier geht es um etwas Anderes.
Peanuts – sympathisch und liebenswert
Nämlich darum, dass „Peanuts“ durchaus auch ein liebenswerter Begriff ist, einer, der einem das Lächeln ins Gesicht treibt. Es geht um „die kleinen Leute“, die „Lil‘ Folks“. Denn so hießen die Peanuts ursprünglich. Und längst wissen Sie: Es geht um den Comic-Strip, der am 2. Oktober 1950 zum ersten Mal in einer Zeitung erschien. In der „Daily Times“ in Portsmouth, bekanntermaßen im US-Bundesstaat Ohio. Diese Zeitung hatte den Mut, eine neue Comicserie des Zeichners Charles M. Schulz abzudrucken, obwohl es eigentlich dafür keinen Platz im Blatt gab. Denn die Zeitungen jener Tage waren voll von Werbeanzeigen. Nur weil die Zeitungsleser geradezu süchtig nach dem Medium Comics waren, schaufelten die Zeitungsmacher ein Plätzen für die Peanuts frei.
Charlie Brown und seine Freunde
Charlie Brown, Snoopy, Lucy und Linus, um zumindest die wichtigsten Protagonisten zu benennen, setzten zu einem Siegeszug um die Welt an: Rund 2600 Zeitungen druckten die Geschichten der „Kleinen Leute“ nach, übersetzten die Storys in 21 Sprachen und verbreiteten sie über rund 75 Länder. Peanuts – der Titel, unter dem die Geschichten in der Zeitung veröffentlicht wurden, meint eigentlich Erdnüsse. Und sonstigen Kleinkram.
Alles andere als Kinderkram
Um den ging es allerdings in diesem preisgekrönten Comicstrip nicht allzu lange. Ja, natürlich blieben die Protagonisten Kinder. Aber noch gar nicht so langer Zeit ging es in den Comics längst nicht mehr um Kinderkram, sondern um Probleme aus der Welt der Erwachsenen. Ohne dass ein Erwachsener im Comicstrip als Meinungsbildner oder Wortführer auftrat. Genau diese Konstellation macht wohl den Erfolg dieses Comics aus. Betrachtungen über die Welt der Erwachsenen vermeintlich aus Kinderaugen. Ein gelungener Perspektivwechsel.
Klavier und Schmusedecke
Deshalb will ich diese Figuren hier feiern. Denn – ein klares Bekenntnis – ich liebe sie! Alle! Charlie Brown, Linus, Marcie, Schröder und natürlich Snoopy, der Hund von Charlie Brown. Sie alle haben ihre Marotten. Schroeder zum Beispiel, der immer wieder an seinem Klavier Stücke von Ludwig van Beethoven spielt – nicht ganz
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Weltflucht und Psychologie an der Limo-Bar
Großartig natürlich Snoopy, der Hund Charlie Browns. Wird ihm etwas zu kompliziert, zieht er sich notfalls in seine Phantasiewelt zurück. Was wäre aber die ganze Geschichte ohne Charlie Brown, das Opfer aller bösen Streiche, ein ewiger Pechvogel und Verlierer? Ausgerechnet bei Lucy sucht er Rat. Die aber unterdrückt ihn und auch Linus, wo immer es geht. Und macht neben ihrer Limo-Bar so ganz nebenbei auch noch eine psychologische Praxis auf. Wen Schulz wohl da im Blick hatte?
Die Welt der Erwachsenen
Denn jedes dieser Kinder repräsentiert einen eigenständigen Charakter. Allerdings einen, den es nicht nur im Comic gibt: zänkische, starke, schwache, verträumte und unglückliche Menschen gibt es überall. Dadurch, dass Charles M. Schulz diese Charaktere bewusst als Kinder darstellt, wird es ihm möglich, den Erwachsenen einen Spiegel vorzuhalten. Und sie darauf hinzuweisen, wie sie sich im richtigen besser benehmen könnten. An den kindlichen Comicfiguren wird schnell und leicht deutlich, wie man sich seinen Mitmenschen gegenüber verhalten sollte und wie eben nicht. Oder wie man ein Problem löst und wie eben genau nicht.
Nie wieder neue Geschichten
Ja, Charles M. Schulz zeichnete selbst, ohne Schablonen und ohne Assistenzzeichner, fast 18.000 Stück seiner kurzen Geschichten. Bis zu seinem Tod ärgerte er sich darüber, dass die Geschichten nicht als „Little Folks“ oder „Lil‘ Folks“ erschienen, sondern dass er sich dem Druck der Verleger gebeugt und den Namen „Peanuts“ akzeptiert hatte. Vielleicht auch deshalb hinterließ er, als er am 12. Februar 2000 starb, eine eindeutige Verfügung: Nach seinem Tod durften keinen neuen Comicstrips seiner Peanuts mehr erscheinen. Schade! Auch wenn 50 Jahre Peanuts eine lange Zeit waren.
Peanuts heute?
Trotzdem: Manchmal wünsche ich mir Peanuts-Ausgaben zu aktuellen Themen. Wie hätten sich Charly Brown und Co. zu Donald Trump verhalten, wie zu Gendern, wie zu all dem, was in Sachen Sexualität seit ein paar Jahren die Diskussionen bestimmt? Was wäre mit Corona, mit Realitätsverweigerern, Impfgegnern und Zu-Kurzdenkern? Die gibt es ja nicht nur bei uns, sondern auch im Mutterland der Peanuts. Hätten diese Ereignisse überhaupt Einzug in die Peanuts gehalten? Oder wäre die Serie dauerhaft unpolitisch geblieben? Wer weiß das schon? Spiegel, die man Zeitgenossen vorhalten könnte, gäbe es auf jeden Fall eine ganze Menge.
Träumen sie mit!
An dieser Stelle breche ich ab, lasse aus, dass Snoopy Geschichten in seine Schreibmaschine hineinhämmert, weil er ja Schriftsteller werden will; ich schreibe nichts über Woodstock, den kleinen Vogel, nichts über Sally, Marcie, Peppermint Patty, nichts über die Jagd auf den Roten Baron, auch nichts über Baseball. Noch nicht einmal über die unglücklichen Lieben, die es in diesem Strip auch gibt. Denn das kennen Sie alles. Und falls nicht, ist Ihr Interesse hoffentlich geweckt, selbst einmal in die kurzen Geschichten rund um die Peanuts hineinzuschauen. Oder wieder! Denn auch die alten Abenteuer schaffen es bis heute, Freude zu bereiten. Und immer wieder auch nachdenklich zu machen! Vielleicht sogar Hilmar Kopper. Ob der sich bei jedem neuen Peanuts-Strip an seinen unglückseligen Ausspruch von damals erinnert? Wer weiß…
Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.
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