Oskar Schindler – der Mann, der Leben rettet (28. April)
In unserer Clique gibt es ein schönes Ritual: Gemeinsam sehen wir uns die besten Filme aller Zeiten an. Die Filme, die man unbedingt gesehen haben muss. Am Anfang sprachen wir von „den besten 50“ Filmen, mittlerweile haben wir die 200 satt überschritten. Jeweils am 1. und 3. Donnerstag gibt reihum jemand anderes den Gastgeber und besorgt Getränke. Jeder Gast bringt auch etwas zu essen mit. Denn nach dem Filmegucken
sitzen wir meistens noch länger zusammen und diskutieren miteinander, oft genug auch über den jeweiligen Film. Eine schöne, eine gemütliche Runde, bei der es manchmal auch heiß her geht.
Ein langer Weg bis zum Film
Vorletzten Donnerstag haben wir uns „Schindlers Liste“ angesehen. Ein Film über einen Nazi, der Juden rettete. Irgendjemand aus unserer Runde wusste, dass die Handlung auf einer wahren Geschichte basierte, die bereits in den 1960er Jahren verfilmt werden soll. Aber noch bevor das Drehbuch überhaupt zu Ende geschrieben ist, wird das Projekt schon wieder eingestampft.
Das lange Warten des Steven Spielberg
Erst 1982 veröffentlicht der australische Schriftsteller Thomas Keneally eine Mischung aus Dokumentation und Roman darüber. Universal Pictures erwirbt die Rechte für Steven Spielberg. Der aber fühlt sich angeblich noch nicht reif genug dazu, solch einen Stoff zu veröffentlichen. „In zehn Jahren“, soll er damals gesagt haben. Und so erscheint erst 1993 „Schindlers Liste“, den wir uns in einer 2018 erschienen, technisch überarbeiteten Jubiläumsfassung ansahen. Warum ich Ihnen das alles überhaupt erzähle? Weil es sich so gut trifft, dass dieser Oscar Schindler heute Geburtstag hätte. 103 Jahre alt würde er heute. Gut, kein runder Geburtstag. Aber das ist bei diesem Mann egal.
Der Kriegsgewinnler
Oscar Schindler, deutscher Industrieller, Sudentendeutscher und Katholik. 1939 erwirbt er in Krakau eine Fabrik. Hier will er Töpfe, Pfannen und Kochgeschirr für den Kriegsbedarf produzieren. Und hier beschäftigt er Juden aus dem nahegelegenen Ghetto. Den Start erleichtern ihm Kredite jüdischer Mitbürger. Arbeiter in Schindlers Fabrik gelten als „kriegswichtige Arbeiter“. Sie erhalten einen so genannten Blauschein, mit dem sie das Ghetto verlassen dürfen.
Als die Massendeportationen und planmäßige Judenvernichtung des NS-Regimes einsetzt, ist es Schindlers
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Fabrikleiter Stern, der den jüdischen Menschen im Ghetto hilft. Stern sorgt dafür, dass Kinder, Alte und Kranke den Blauschein erhalten – sie wären sonst unweigerlich von den Nazis in die Todeskammern geschickt worden. Als Schindler bemerkt, was Stern tut, ist er zuerst verärgert. Als aber ein Deutscher SS-Offizier ein Massaker anrichten lässt, beginnt Schindler den Mitbürgern jüdischen Glaubens zu helfen. Rund 1.100 kann er vor der Vernichtung retten, indem er sie auf die Liste der unbedingt benötigten Mitarbeiter setzt. Der Film „Schindlers Liste“ erzählt in bewegenden Bildern das verzweifelte Bemühen von Oscar Schindler, möglichst viele Juden vor dem Tod zu retten. Was für eine Veränderung: Ein überzeugter Nazi, einer, der vom Krieg profitiert, der sich von einem jüdischen Schwarzhändler Luxusartikel beschaffen lässt, als anderen schon hungern, ändert sich und wird schlagartig zu jemandem, der Menschen jüdischen Glaubens rettet. Schon klar, dass Steven Spielberg sich für diese Story interessierte.
Am Ende vor allem Schweigen
Am Ende des Films herrschte zuerst einmal bedrückendes Schweigen in unserer Clique. Der Film war unter die Haut gegangen. Wir hatten gemeinsam den Atem angehalten, als nackte Jüdinnen im Vernichtungslager Auschwitz voller Todesangst unter der Dusche standen… und dann zum Glück nur Wasser aus den Brauseköpfen rieselte. Das war sadistisch, das trieb uns schon beim Zuschauen den Puls in die Höhe. Klar, dass das einer der Punkte war, die dem Film Kritik einbrachten. Darf man die Gräuel der Judenvernichtung in einem Film zeigen? Bleibt nicht jeder Film hinter der Wirklichkeit zurück? Beschönigt nicht jede filmische Darstellung das Grauen des Unbeschreiblichen? Mit diesen und anderen Fragen hatte sich der Film wohl schon unmittelbar nach seinem Erscheinen zu beschäftigen.
Widerstand hat eine Chance
Wir sind jung, für uns sind die Ereignisse jener Zeit weit, weit weg. Wir können gar nicht nachvollziehen, was damals gewesen ist und wie alles gekommen ist. Vieles erscheint uns, so die einhellige Meinung in unserer Clique, wie ein Splatter-Movie: so unglaublich, dass es gar nicht wahr sein kann. So schrecklich, dass wir es mit unserem Verstand gar nicht begreifen können. Und wohl auch nicht wollen.
Vielleicht ist es gerade deshalb gut, diese Realität zu verfilmen. Und sie zum Glück aus der Perspektive von jemandem zu zeigen, der im Verlauf des Films zu den Guten wechselt. Der sein Leben riskiert, um das Leben anderer zu retten. Das Leben von Menschen, die vom herrschenden System aussortiert sind. Und der damit die Vorstellung ad absurdum führt, dass „der kleine Mann“ gegen „die Macht der Großen“ ja doch keine Chance hat. Doch, hat er. Wenn er sich ernsthaft bemüht, wenn er es wirklich will.
Schöne Gänsehaut
Insofern war der Moment, in dem Oscar Schindler von befreiten Juden einen goldenen Ring erhält, ein Gänsehautmoment. Denn in den Ring ist ein Talmud-Zitat eingearbeitet: „Wer nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt.“ Eine gewaltige Hypothek für das Leben von jungen Leuten wie uns. Aber eine, die man bewältigen kann. Insofern ist Oscar Schindler bis heute ein Vorbild. Eines, von dem wir hoffen, dass wir niemals in deine Fußstapfen treten müssen.
Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.
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