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Jetzt geht’s los: Weihnachtskrippe und Krippenausstellungen (18. Dezember)

Ochs und Esel, ein paar Hirten mit ihren Schafen, dazu Kindsmutter Maria, Joseph und das Jesuskind in einem Futtertrog und vielleicht noch ein Weihnachtsengel – oft ab dem vierten Advent, spätestens aber wenn der Weihnachtsbaum in vollem Glanz erstrahlt, steht in nahezu jeder Kirche eine Weihnachtskrippe. Und in vielen Wohnzimmern auch, meistens direkt neben dem Weihnachtsbaum. Möglicherweise auch bei Ihnen.

Jede Weihnachtskrippe ist anders

Doch Weihnachtskrippe ist nicht gleich Weihnachtskrippe. Da gibt es Figuren aus Holz, aus Keramik, ja, sogar aus Glas. Bei manchen sind die Figuren nur wenige Zentimeter hoch, andere erreichen fast Lebensgröße. Und meistens sind sie landschaftlich eingefärbt: Eine typische Weihnachtskrippe aus der Rhön sieht anders aus als eine aus Oberbayern.

Afrika und Asien

Die zahlreichen Krippenausstellungen, die es in diesen Tagen gibt, bieten einen guten Überblick über die Vielfalt der Weihnachtskrippen. Oft genug zeigen sie – trotz einer globalen und dadurch scheinbar schrumpfenden Welt – auch Exotisches: Weihnachtskrippen aus Asien, nur aus Papier und Reisstroh hergestellt, dazu Figuren mit Mandelaugen und asiatischem Teint. Afrikanische Krippen haben, na klar, meistens Figuren mit schwarzer Hautfarbe. Manchen kässt das nachdenklich werden, wenn er ein Kind mit dunkler Hautfarbe in der Krippe liegen sieht. Besonders eindrucksvoll auch, wenn eine Krippe in eine Kalebasse, eine kürbisartige Frucht, hineingearbeitet ist.

Handgebrannte Dachziegel

Und eine Heilige Familie mit Lendenschurz wirkt anders als die in mittelalterlicher Gewandung. Gelegentlich findet man die Krippenidylle weg vom Stall mit Giebeldach verlagert in eine Geburtsgrotte – so, wie Tierställe vor 2000 Jahren im alten Israel tatsächlich überwiegend aussahen. Wer dennoch an der typisch mitteleuropäischen Vorstellung vom Stall festhält – Enthusiasten brennen sogar schon mal die Dachziegel für den Stall aus echtem Ton in Handarbeit. Was mich dazu bringt anzufügen: Natürlich kann man sich seine eigene Weihnachtskrippe auch nach eigenen Vorstellungen selber bauen.

Lebendige Weihnachtskrippe des Franz von Assisi

Die Geschichte der Weihnachtskrippe ist relativ gut überliefert. Die Idee, die Szenerie rund um die Geburt Jesu in einem Stall nachzustellen, wird vielfach auf Franz von Assisi zurückgeführt. Damit befänden wir uns im 12. nachchristlichen Jahrhundert. Der heilige Franziskus, wie er auch genannt wird, lebte nämlich in ziemlicher Abgeschiedenheit, quasi zusammen mit Ochs und Esel unter einem Dach.

Schwester Sonne und Bruder Mond

Die Legende, er habe sogar mit den Tieren sprechen können, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass Franziskus sie Tiere – wie auch Sonne und Mond

und alles andere in der Natur – als „Bruder und Schwester“ betrachtete. Hätten sich alle Menschen seit damals an seinen Vorstellungen orientiert, müssten wir uns heute vermutlich über Klima- und Artenschutz keine Sorgen machen. Wie aber leicht nachzuvollziehen ist, bestand die Weihnachtskrippe des heiligen Franziskus „aus lebendigen Objekten“.

1586 Prag

Knapp 500 Jahre später greifen portugiesischen Mönche des Jesuitenordens die Idee des mittelalterlichen Heiligen auf: Für Menschen, die nicht lesen können, inszenieren sie die von der Bibel beschriebene Szenerie rund um die Geburt Jesu mit kleinen (und größeren) Figuren. Von diesem Moment an verbreitet sich die Idee der Weihnachtskrippe in die ganze Welt. Nördlich der Alpen ist die erste Weihnachtskrippe im Jahr 1586 in Prag belegt.

Reliquie der „echten Weihnachtskrippe“

Vor allem in Italien, immerhin ja auch das Land, in dem Franz von Assisi gelebt hat, ist die Krippentradition besonders ausgeprägt. Ob die Relikte, die in Rom in der Kirche Santa Maria Maggiore ausgestellt sind, tatsächlich Überreste der echten Futterkrippe aus Bethlehem sind, lassen wir einmal dahingestellt. Bilder, Relikte, darunter auch Knochen von Heiligen, Reliquien wie der Mantel Jesu, die Lanze, mit dem der römische Soldat in die Seite stieß, das Turiner Grabtuch und viele mehr halfen vor allem den Menschen früherer Zeiten, sich den Glauben im wahrsten Sinne des Wortes vor Augen zu führen und dadurch zu verinnerlichen. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass diese Relikte und Reliquien zumindest zum Teil echt sind – wirklich wichtig ist dies aber nicht. Hauptsache sie erfüllten ihren Zweck und waren denen, die nach dem Glauben suchten, eine Hilfe.

Krippenverbot

Eine Hinterlassenschaft der Napoleonischen Kriege bestand in einem neuen Staatsverhältnis und dem Wunsch nach einer „allgemeinen Befreiung“. Dies korrespondierte mit rund „100 Jahren Aufklärung“ und dem wachsenden Wunsch nach einer Säkularisierung. Ein „Opfer“ waren schließlich die Weihnachtskrippen: Anfang des 19. Jahrhunderts verboten verschiedene Landesherren diese Darstellungen. Sogar Bischöfe schlossen sich an. Ihre Begründung findet sich unter anderem in einem Dokument aus dem Jahr 1803 aus Würzburg:

Hilfreich nur für „das dumme Volk“

Solange sich das Volk auf einer niedrigen Stufe von Kultur und Aufklärung befunden habe, seien bildhafte Darstellungen durchaus nützlich gewesen, soweit sie der Versinnlichung dienten und dem Gedächtnis nachgeholfen hätten. Das aber sei nun vorbei, so die Argumentation. Deshalb betrachtete man die Weihnachtskrippen als – wir würden heute vermutlich sagen – kontraproduktiv und verbot sie kurzerhand. Vorübergehend verschwanden die Krippen aus vielen Kirchen, etablierten sich umso mehr in den Wohnräumen frommer Bürgerinnen und Bürger. Rund 20 Jahre später war der Spuk aber wieder vorbei: Die Verbote wurden nach und nach aufgehoben und die Krippen kehrten zur Weihnachtszeit in die Kirchen zurück.

Sinn der Krippendarstellung

Dabei war der Sinn der Weihnachtskrippen ja nun wirklich klar: Gott wird Mensch! Dabei wird dieser Jesus in großer Armut geboren. Maria und Joseph, aufgrund staatlicher Anweisung unterwegs, waren nicht in der Lage, eine vernünftige Herberge zu bezahlen. Also wies man sie überall ab, obwohl jedermann sehen konnte, dass die Frau in Kürze ihr Kind zur Welt bringen würde. Was also tun? Es blieb nur ein Stall – eine Höhle, in der Hirten ihre Tiere in der Nacht vor wilden Tieren schützten. Ausgesprochen schön die Symbolik: Die Geburt des Gottessohnes, so die Vorstellung des Christentums, vollzieht sich in einfachsten Verhältnissen, in völliger Abgeschiedenheit. Lediglich ein paar Hirten kommen hinzu. Laut Bibel quasi alarmiert von Engeln. Wobei denkbar ist, dass sich die Hirten ohnehin zu ihren Tieren in die Höhle begeben hätten. Denn nachts ist es dunkel, was den einen oder anderen nächtlichen Beutegreifer auf den Plan ruft. Vor allem aber kann es im Nahen Osten nachts bitterkalt werden. Eine Höhle, in der eine Menge Tiere beisammen sind, verspricht da stattdessen zumindest eine gewisse Wärme.

Krippenfiguren aus Neapel

Heute können Sie bei uns spätestens ab Beginn der Adventszeit in vielen Läden Weihnachtskrippen und Zubehör kaufen. Natürlich können Sie auch extra nach Neapel fahren, um dort in der Via San Gregorio Armeno Krippenfiguren zu erwerben. Diese hat sich als „Straße der Krippenbauer“ einen legendären Ruf erworben, weil man hier ganz besonders filigrane Krippenfiguren herstellt und zum Verkauf anbietet.

Malta: Krippen in den Fenstern

Zugegeben, bei einem Aufenthalt auf Malta war es für mich gewöhnungsbedürftig, nicht nur im Spätherbst an einem Weihnachtsgeschäft nach dem anderen vorbeizulaufen, sondern auch in den Fenstern der Wohnhäuser die „Presepjun“, die Weihnachtskrippen zu betrachten. In dünnem T-Shirt, kurzen Shorts und einer den ganzen Körper bedeckenden leichten Schweißschicht die „Pasturi“, die wirklich lebensechten Krippenfiguren anzuschauen, hatte schon den Hauch des Exotischen.

Telgte: über 1000 Weihnachtskrippen

So weit müssen Sie allerdings nicht fahren. Wenn Sie im Münsterland wohnen, reicht eine Fahrt ins beschauliche Telgte. Die Stadt ist ja nicht erst durch Günter Grass und die von ihm – leider fiktive – beschriebene Zusammenkunft führender deutscher Dichter im Jahr 1674 als „Das Treffen von Telgte“ bekannt, sondern auch als Zielort einer seit rund 650 Jahren stattfindenden großen Marienwallfahrt. Und, was für den Zusammenhang mit der Weihnachtskrippe wichtig ist, durch seine große Krippenausstellung. Rund 1000 Exponate können Sie dort erleben – und das ganzjährig. Ehrlich gesagt: viel zu viel, als dass Auge und Verstand die vielen Details differenziert wahrnehmen.

Unglaubliche Vielzahl

Zumindest mir verschwamm nach der 30. oder 40. Weihnachtskrippe, so unterschiedlich sie auch waren, alles vor meinem geistigen Auge. Zurück blieb nur der Eindruck, dass ich eine überwältigende Vielfalt erlebt hatte, die ich aber nicht differenzieren konnte. Trotzdem möchte ich sagen: Irre, was die Initiatoren da in Telgte zusammengetragen haben. Deshalb sollte man diese Krippenausstellung durchaus gesehen haben. Da die Ausstellung ganzjährig präsent ist, muss es ja nicht unbedingt noch in der Weihnachtszeit sein. Ohnehin ist es sinnvoll, sich wegen der Corona vor dem Besuch noch einmal nach den konkreten Öffnungszeiten während der Pandemie zu erkundigen.

Krippenausstellungen vor Ort

Bei den Krippenausstellungen „vor Ort“ ist das vermutlich einfacher. Tatsächlich finden Sie nämlich in vielen Städten, ja, sogar in manchen Dörfern kleinere und größere Krippenausstellungen, die Ihnen einen Einblick in unterschiedliche Krippentraditionen ermöglichen. Einfach mal Herrn Google befragen – der weiß, wo. Die vierte Kerze, die heute Abend, spätestens aber morgen früh am Adventskranz entzündet wird, hilft Ihnen daran zu denken: nicht mehr allzu lange, dann haben wir Weihnachten. Und nicht allzu lange danach sind die meisten Krippenausstellungen schon wieder verschwunden. Und Sie müssten ein ganzes Jahr lang auf die nächste Gelegenheit warten.

Nicht vergessen: die Heiligen Drei Könige

Kleiner Nachtrag zum Stichwort „warten“: Wenn Sie selbst eine Weihnachtskrippe aufbauen, sollten Sie drei Figuren vorübergehend hinter Ihrer Krippe „parken“: die Heiligen Drei Könige stellt man üblicherweise erst am 6. Januar zur Weihnachtskrippe hinzu. Schreiben Sie sich vorsichtshalber eine Notiz in Ihr Handy. Ansonsten geht es Ihnen wie mir viel zu oft: Beim Abbauen meiner Weihnachtskrippe habe ich meine heiligen drei Könige mehr als einmal leicht eingestaubt hinter der Weihnachtskrippe wiederentdeckt. Das ist zwar kein Weltuntergang. Aber auch nicht unbedingt Sinn der ganzen Sache.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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