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Heuschrecken, Kamelhaar und Umkehr – die Botschaft von Johannes dem Täufer (5. Dezember)

Mögen Sie Heuschrecken? Geröstet sollen die ja ganz lecker schmecken. Aber ich habe da eine Blockade. Vermutlich, weil ich mich schon als Kind davor geekelt habe. Vor Heuschrecken, Mehlwürmern und allen denkbaren anderen Insekten. Einer meiner Onkel, ein leidenschaftlicher Angler, züchtete Mehlwürmer, um damit eine ganz besondere Sorte von Fischen zu ködern. Angeblich ein Geheimtipp! Die Tatsache, dass er damit nicht gerade erfolgreich war, ließ den Geheimtipp dann auch ziemlich geheim bleiben. Andernfalls hätte der sich ja vermutlich rumgesprochen. Nur als dann einmal so eine Dose aufging und mir das Geviechs auf die Beine fiel… nein, danke. Ein Schock fürs Leben. Einer, der sich auf alles nur denkbare Krabbelzeug übertrug. Eben auch auf Heuschrecken.

Heuschrecken, Honig und Kamelhaarmantel

Deshalb fiel mir die Sache mit den Mehlwürmern auch immer wieder ein, wenn unser Pfarrer vom biblischen Johannes dem Täufer vorlas. Mir wurde dabei jedes Mal ganz anders. Weil sich der Kerl ausschließlich von Heuschrecken ernährte Und wildem Honig. Na ja. Sonst nichts. Das war schon alles. Heute denke ich manchmal: auch eine Art von Diät. Proteinreich bis zum Abwinken. Der Kerl war garantiert gertenschlank. Aber er trug einen Mantel aus Kamelhaar, sagt die Bibel. Auch das war mir unbegreiflich. Ich war mir nämlich sicher: Der kratzt fürchterlich. Und wenn der Typ dann auch noch schwitzt, was ja bei den Temperaturen im Nahen Osten ziemlich häufig vorkommen soll, … Sie ahnen es: Mein Verhältnis zu Johannes dem Täufer war seit unserer ersten Begegnung gebrochen – und das war eben beim Verlesen eines Textes im Gottesdienst.

Große Geste: Untertauchen

Für seine Zeit war der Mann allerdings eine Attraktion. Allerdings weniger wegen seiner Kleidung und Ernährung, sondern wegen seines Tuns: Stellt sich einfach auf öffentliche Plätze und predigt. Dass alle Menschen umkehren sollten, ihr Leben überdenken. Da, wo sie Fehler machen, Besserung geloben sollen. Und als äußeres Zeichen, dass sie es ernst meinen, sollen sie sich von Johannes im Jordan untertauchen lassen. Taufen, sagen wir heute. Eine große, symbolische Geste. Wie das immer bei Symbolen ist: Was man mit einer großen Geste verbindet, davon bleibt etwas hängen. Und es fällt leichter, sich dieses Versprechen, sich zu bessern, immer wieder in Erinnerung zu rufen. Mal ganz davon abgesehen, dass ja auch die Nachbarn so eine Geste mitbekommen. Und im Zweifelsfall sagen: „Hat der nicht versprochen, sich zu bessern, ein anderer, ein besserer Mensch zu sein? Und

wie verhält der sich jetzt?“ Das will man natürlich vermeiden, dass jemand so über einen reden kann. Nicht schlecht, diese Symbolik bei Johannes.

Rufer in der Wüste

Als Rufer in der Wüste wird Johannes auch bezeichnet. Wobei ich denke, dass dieses Wort eine Begriffswandlung erfahren hat. Heute meint man ja damit vielfach einen Mahner, dessen Worte ungehört verhallen. Damals hat Johannes schon große Beachtung gefunden. Dass viele Menschen seinem Aufruf gefolgt seien, berichtet die Bibel. Na ja, vermutlich nicht genug. Denn wenn eine riesige Mehrheit ihr Leben verändert hätte, dann wäre uns in der Geschichte allerhand erspart geblieben. Ist aber nicht. Insofern ist vielleicht die heutige Bedeutung des Begriffs doch irgendwie mit impliziert.

Nicht würdig, die Riemen zu lösen

Johannes selbst bezeichnet sich Bote, als Vorläufer. Der, der nach ihm komme, sei so hochrangig, dass er, Johannes, ihm noch nicht einmal die Schuhe binden dürfe. Angesichts von Slippern, die heutzutage viele Menschen tragen, ein kaum noch verständliches Bild. Wohl auch, weil es so nicht ganz richtig übersetzt ist. Es geht wohl darum, die Riemen der Schuhe lösen zu dürfen. Am ehesten wird deutlich, was gemeint ist, wenn wir uns einen Stiefelknecht vorstellen: ein Holzbrett, in den man einen Fuß mit Stiefel oder Schuh auf Absatzhöhe hineinstellt, das man mit dem anderen Fuß zu Boden drückt.

Stiefelknecht

So kann man den ersten Stiefel bequem ausziehen. In alten Filmen sieht man manchmal, dass ein persönlicher Diener seinem Herrn den Stiefel vom Fuß ziehen muss, wobei sich der Herr mit dem anderen Fuß bequem am Hintern des lebenden Stiefelknechts abstützt. Eine erniedrigende Arbeit. Die Verpflichtung zu dienen, und das auf ziemlich niedrigem Niveau. Und genauso versteht das auch der biblische Johannes: Derjenige, der nach ihm kommt, steht so hoch über ihm, dass er ihm noch nicht einmal die Schuhe ausziehen darf. Der Abstand ist also noch größer als zwischen Herrn und Diener.

Große Diskrepanz

Wobei diese Diener zurzeit des Johannes in der Regel Sklaven, also völlig unfreie Menschen, waren. Ein Wahnsinnsdiskrepanz! So ein Bild konnten die Menschen zurzeit des Johannes sofort verstehen: Da musste also jemand kommen, der von unglaublich hohem Stand war. Ein König! Mindestens. Der Sohn Gottes – das war schon die Auffassung von Johannes dem Täufer, wie die Bibel berichtet. Kein Wunder also, dass sich Johannes mit diesem Bewusstsein ziemlich unterwürfig zeigt.

Ändert euch!

An diesen Johannes musste ich denken, vorhin, als ich die zweite Kerze an meinem Adventskranz angezündet habe. Von ihm, dem Mahner, dem Rufer in der Wüste, dem Boten Gottes ist heute in den katholischen Gottesdiensten die Rede. Eine Botschaft, die sagen soll: Mensch, Leute, in etwas mehr als zwei Wochen ist Weihnachten. Wenn ihr in eurem Leben etwas ändern wollt, dann ist jetzt eine gute Gelegenheit dazu. Denkt über euch nach, macht euch Vorsätze… und redet nicht nur, sondern tut auch was. Damit diese Welt friedlicher wird. Lebenswerter. Gerechter. Und damit sie unseren Nachkommen erhalten bleibt. Das alles steckt in dieser Botschaft von Weihnachten mit drin. Und in der Aufforderung von Johannes nach Umkehr auch.
Ich werde jetzt erst einmal frühstücken. Heuschrecken werden ganz sicher nicht auf meinem Teller landen. Aber über die Botschaft von Johannes – darüber werde ich schon noch etwas nachdenken.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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