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Gründonnerstag – alles Wissenswerte zu diesem Tag einfach erklärt (1. April)

Gestern noch irre gutes Wetter, überall in den Wiesen und Gärten Frühblüher, die ersten blühenden Forsythien und Magnolien – und weil es meistens um diese Jahreszeit so wunderschön grünt, sprechen wir vom Gründonnerstag. Na gut: Bei Kai Pflaume und „Wer weiß denn so was?“ wäre das ein netter Erklärungsversuch. Der würde

mit einer theoretisch denkbaren, am Ende aber falschen Erklärung Zeit von der Uhr nehmen und unterhalten, aber ansonsten: wenig tauglich. Nicht nur, weil damit lediglich der erste Teil des Wortes, grün, erklärt werden könnte. Sondern auch weil sich Ostern – und damit auch der Gründonnerstag – im Laufe der Jahre um rund vier Wochen verschiebt. Es gibt Jahre, in denen wir am 1. April Ostern schon hinter uns haben, und solche, in denen es fast noch drei Wochen bis zum Osterfest dauert. Was also auch für den Gründonnerstag gilt. Mal abgesehen, dass der Frühling hoffentlich etwas länger dauert, als nur einen Donnerstag lang, hat der Name Gründonnerstag mit dem Erblühen der Natur also nichts zu tun.

Dass der Gründonnerstag im christlichen Jahreskreis einen so hohen Stellenwert einnimmt, hat einen einfachen Grund: Mit diesem Tag beginnt die Leidenszeit Jesu. Am Palmsonntag noch von Menschenmassen bei seinem Einzug in Jerusalem bejubelt, gibt es nun das letzte Abendmahl, wenn sie so wollen eine gemeinsame Zusammenkunft von Jesus und seinem engsten Freundeskreis, bei man zu Abend isst – nun wirklich das letzte Mal. Denn kurz danach erfolgt die Auslieferung Jesu an seine Gegner und Verfolger durch den berühmten Kuss des Judas. Daran an schließen sich – quasi in einer Blitzverhandlung – schon am nächsten Tag die Verurteilung und die grausame Vollstreckung des Urteils bis zum Tod. Nach christlicher Vorstellung mündet der allerdings in die Auferstehung, den Sieg über den Tod. Und Jesu Sieg über den Tod – Achtung, jetzt kommt endlich die Farbe Grün ins Spiel – ist nach christlicher Vorstellung ein Präzedenzfall: Was Jesus möglich ist, ist auch für halbwegs anständig lebende Menschen denkbar, so die Hoffnung. Weil bekanntermaßen Grün die Farbe der Hoffnung ist, darf in diesem Sinne also auch am Gründonnerstag die Farbe der Hoffnung mitschwingen: Hoffnung auf Auferstehung und Weiterleben nach dem Tod für alle! Nur: Auch das ist lediglich eine Erklärung im übertragenen Sinn. Den Kern trifft sie nicht.

Menschen in und rund um Frankfurt, die in den Traditionen dieser Stadt am Main beheimatet sind, ahnen es schon: Sie müssen jetzt tapfer sein. Auch wenn es manche Legende anders will, hat die berühmte Frankfurter Grüne Sauce nichts mit dem Gründonnerstag zu tun, auch wenn man noch so viel Grünzeug in die mit Eigelb verfeinerte Vinaigrette hineinrührt. (Damit Sie nicht nachschlagen müssen: Packen Sie Boretsch, Estragon, Petersilie, Körbel, Schnittlauch und Pimpinelle in eine mit Eigelb versetzte Vinaigrette aus Essig, Öl und Senf, bekommen Sie die typische Frankfurter Spezialität.) Grüne Sauce und Gründonnerstag passen zwar zusammen, haben aber definitiv nichts miteinander zu tun. Einen Grund, am Gründonnerstag ausschließlich nur Grünzeug auf den Teller zu bringen, gibt es im Zusammenhang mit dem Namen des Tages auch nicht.

Stattdessen bekommt der Gründonnerstag – und jetzt verlassen wir endgültig den Bereich der Mutmaßungen und Übertragungen – seinen Namen aus dem Althochdeutschen. Zwischen etwa 750 und vielleicht 1050 verwendeten unsere Vorfahren das Wort „grunen“ oder „gronan“, wenn sie „weinen“ meinten. Und noch so ein altes, aber weitaus jüngeres Wort, „greinen“. Wehklagen, trauern, Tränen vergießen – alles, was in diesen Vorgang hineinspielt, umfasst das Wort im weiteren Sinne.

Diese Zeit des Weinens beginnt in den Traditionen der katholischen Kirche am Gründonnerstag. An diesem Tag gibt es in einer „normalen Kirche“ lediglich einen einzigen Gottesdienst. Am Ende dieses Gottesdienstes räumt man den Altar bis auf die nackte Altarplatte leer. Jeglicher Altarschmuck wird entfernt, selbst der Tabernakel, also der – liebe Katholiken, bitte nicht böse sein, es dient der Erklärung – also der Tresor, in dem geweihte, im Gottesdienst übriggebliebene Hostien aufbewahrt werden, ist ratzeputz leergefegt. Und er steht offen! Gehen Sie heute mal einfach so zwischendurch in eine katholische Kirche und prüfen Sie das mal nach. Nur einmal im Jahr haben Sie die Gelegenheit dazu.
Der Abendmahlsgottesdienst ist für die katholische Kirche so etwas wie die „Mutter aller Gottesdienste“: Aufgrund der überlieferten Jesus-Worte „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ sieht die Kirche hier nämlich die Aufforderung zu regelmäßigen Gottesdiensten – Erinnerungsfeiern an Jesus Christus und seine Botschaft, sein Leiden und sein Sterben.

Anders ist es in Bischofskirchen. Neben der Abendmahlsfeier gibt es in ihnen bereits am frühen Morgen einen ganz besonderen Gottesdienst: Dann weiht der Bischof nämlich für die gesamte Diözese den Jahresvorrat des Chrisams – ein Öl, das zum Beispiel bei Taufen, Firmungen und Krankensalbungen verwendet wird. Je nach Größe eines Bistums kommen da schon etliche Liter zusammen. Deshalb zieht es auch die katholischen Priester am Gründonnerstag in die Stadt ihres jeweiligen Bischofssitzes. Von dort nehmen sie nach der Weihe des Öls die benötigten Liter gleich in Empfang und mit in ihre jeweiligen Pfarreien. Normalerweise. Jetzt, in Corona-Zeiten… Na, das wissen Sie ja…

Noch etwas, was im letzten Jahr ausfiel und auch in diesem Fall wegen Corona nicht stattfindet, ist ein Brauch, der vor über 1300 Jahren in Spanien entstand, sich später auch anderswo in der katholischen Kirche verbreitete: die symbolischen Fußwaschungen am Gründonnerstag. Papst Franziskus, aber auch schon die Päpste vor ihm, wäscht am Gründonnerstag in Gefängnissen Verurteilten die Füße. Normalerweise! Corona… ja nee, ist klar. Trotzdem: Eine starke Geste ist er, dieser Brauch, der direkt auf Jesus zurückgeht: Vor dem letzten Abendmahl hat er, so der Evangelist Johannes im 13. Kapitel, seinen Jüngern die Füße gewaschen. Im Orient war dies eine weitverbreitete Sitte, um die Gastfreundschaft kundzutun: Wer eingeladen wird, wer sich auf das Gastrecht berufen kann, wem die Füße gewaschen werden, steht unter dem Schutz des Gastgebers. Notfalls setzt der sich auch unter Einsatz seines Lebens für seinen Gast ein. Die Fußwaschung allerdings übernimmt grundsätzlich ein Sklave. Dass Jesus laut biblischer Überlieferung seinen Jüngern persönlich die Füße wäscht, bedeutet also: Ich übernehme diese Sklavenarbeit, mache mich zu einem, der weit, weit unter euch steht – so groß ist meine Liebe zu dir. Bei Jesus eine Liebe zu den Menschen bis zum Tod.

Katholische Kirchgänger werden es bestätigen, auch Sie können einmal darauf achten und werden es heute bestätigt finden: Nach dem Gloria in der Gründonnerstagsmesse fliegen die Kirchenglocken nach Rom. Quasi zur Inventur, wenn man dem Volksmund Glauben schenkt. Das können Sie natürlich nicht sehen. Aber Sie können etwas anderes: die Glocken nicht mehr hören. Die – und das ist gemeint – schweigen ab heute, ab dem Gloria im Gründonnerstagsgottesdienst. In manchen Gegenden Deutschlands spricht man übrigens auch von einer „neuen Glockenweihe“. Ein Grund zu schweigen wäre das aber eigentlich nicht.
Tatsächlich handelt es sich um einen uralten Brauch, der das Glockengeläut verstummen lässt. Alles wird mit dem Judaskuss am Gründonnertag anders, soll dieses Brauchtum wohl sagen. Weil sich damit der Tod Jesu am Karfreitag bereits abzeichnet.
Der Tod Jesu am Karfreitag – dazu morgen mehr. Hier, an dieser Stelle.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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