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Fernsehen bildet mehr als Schule: 11jährige überführt Entführer (21. Mai)

Ich sag‘s ja schon immer: Fernsehen bildet! Wahrscheinlich sogar mehr als herkömmlicher Unterricht in der Schule. Wenngleich ich gestehen muss: Bei mir hat es bislang wenig genutzt. Da schaue ich mir seit Jahren alle möglichen Serien über Pathologen und Gerichtsmediziner an, kenne sogar den kleinen, aber feinen Unterschied zwischen den beiden. Aber in der Lage, jemanden umzubringen, ohne dass die Todesursache herauskäme, bin ich noch lange nicht.

Unkonventionelle Problemlösungen

Als Pragmatikerin liebe ich unkonventionelle Lösungen. Deshalb schaue ich bewundernd zu, wie Agenten mit einer Büroklammer oder einem sonstigen Stück Draht Handschellen öffnen. Ich muss trotzdem weiterhin für teures Geld den Schlüsseldienst rufen, wenn mal wieder meine Tür ins Schloss gefallen ist. Und der Schlüssel selbstverständlich im Haus liegt, anstatt in meiner Handtasche.
Mit großen Augen bewundere ich, wie Gangster, Polizisten und „die ganz normale Hausfrau“ von nebenan irgendwo unter dem Armaturenbrett ihres Fahrzeugs herumgrabbeln, dann zwei Drähte aneinanderhalten und so den Motor starten. Bei mir orgelt der Anlasser sogar bei ordnungsgemäßem Gebrauch des Zündschlüssels nicht nur eine Ewigkeit, sondern gleich eine ganze Reihe von gefühlten Ewigkeiten.

MacGyver besser als Schule

Schulische Fächer wie Polytechnik, Physik und Chemie haben bei mir nur wenige Spuren hinterlassen. Dabei könnte es so einfach sein, Schülerinnen und Schüler für diese Fächer zu begeistern. Weniger Theorie, mehr MacGyver – und die Herzen der Schüler und Schülerinnen würden den Lehrkräften nur so zufliegen. Alle Folgen des Reboots der Serie habe ich mir angesehen, dazu einen Großteil des Originals. Na gut, man merkt den einzelnen Episoden schon gelegentlich an, dass sie 30 Jahre und älter sind. Wenn ich an die Lehrbücher meiner Schulzeit denke: Viel jünger waren die auch nicht. Aber aus einer MacGyver-Folge habe ich mehr gelernt als aus einem Jahr schulischen Unterrichts. So genial und vor allem praxisgerecht sind die Tricks. Wären Sie auf die Idee gekommen, ein Leck in einem Gastank mit ganz normaler Schokolade zu schließen? Mein Heizungsinstallateur kippte mir fast vom Stuhl, als ich ihm davon berichtete. Zugegeben, bei MacGyver war das kein normales Gas, sondern irgendetwas Anderes. Und ob die

Bitterschokolade mit 90 Prozent Kakaoanteil, von der ich immer ein wenig für meinen Espresso im Haus habe, ausreichend wäre, weiß ich nicht. Wahrscheinlich gab es zu MacGyvers Zeiten nur normale Vollmilchschokolade.

Nicht immer realitätsnah

Ebenfalls eingestanden: Etwas realitätsfremd ist die Idee schon, mithilfe der Trommel eines Revolvers die Mutter einer Schraube festzuziehen. Aber warum nicht, wenn man damit eine Kernschmelze verhindern kann? Mein Problem: Wann komme ich schon einmal in einen Atomreaktor? Und warum?

Aber ein Kleinflugzeug für zwei Personen aus ein bisschen Bambus, den Rotor eines Ventilators und den Motor eines Rasenmähers zu bauen und damit aus einem Gefangenenlager im Dschungel zu fliehen – das könnte mir schon gefallen. Die Alternative, als Baumaterialien abgelegte Kleidung, ein paar Propangasflaschen und einen alten Kühlschrank zu nutzen und damit eine Art Heißluftballon zu bauen, finde ich als ausgesprochener Fan des Upcyclings einfach nur großartig. Was fehlt, ist eine Altersangabe. Würde das Ganze auch mit einem neueren Kühlschrank funktionieren? So ganz ohne FCKW und andere umweltzerstörende Kühlmittel? Fragen über Fragen. Ich fürchte, mein A+++ Hightech-Fridge wäre für den Bau eines Heißluftballons nicht alt genug. Was also den Pragmatismus anbelangt: Selbst wenn MacGyver deutlich näher dran ist am Alltagsleben als die Lehrpläne mancher schulischer Fächer, besteht auch bei ihm in Sachen Realitätsbezug noch Verbesserungsbedarf. Denn auch beim Fernsehen sollte gelten: Non vitae sed scholae discimus!

Real: Elfjährige enttarnt Entführer

Zurück in die Realität: Heute lief eine Meldung über die Ticker, dass eine Elfjährige ihrem Entführer entwischen konnte. Überführt worden wäre der Mann wahrscheinlich nie. Wenn nicht – und jetzt kommt’s – die Elfjährige begeisterter Fan von „Law & Order: Special Victims Unit“ wäre. Dort hatte sie gelernt, dass man einen Entführer überführen kann, wenn man ihm blauen Spielzugschleim irgendwo auf die Haut schmiert. Der Kleinen war das bei ihrem Entführer an dessen Oberarm unbemerkt gelungen. Und selbst Stunden später haftete der Schleim noch am Arm des vermeintlichen Entführers. Wenn das kein Beweis ist…
Publik wurde die ganze Angelegenheit, weil Mariska Hargitay, immerhin einer der Hauptdarstellerinnen in „Law & Order: Special Victims Unit“, jetzt die Elfjährige bei Instagram überschwänglich lobt. Und offen darüber nachdenkt, in Zukunft auch blauen Schleim in den Koffer zur Verbrechensbekämpfung zu packen. Klasse!

Ohne Fleiß, kein Preis

Nun gehöre ich ja zu denen, die Angst haben, vom eigenen Pfefferspray mehr abzubekommen als ein eventueller Angreifer. Blauer Schleim scheint da unbedenklicher zu sein. Bestellen kann ich ihn sicherlich irgendwo. Das dürfte kein Problem sein. Aber wie trage ich ihn unauffällig bei mir, um ihn im Fall einer Entführung auch tatsächlich einsetzen zu können? Da ich ja nicht dumm bin, werde ich eine Antwort finden. Und sei es in den bisher gedrehten und noch geplanten Folgen von „Law & Order: Special Victims Unit“. Über 490 gibt es schon, weitere rund 40 sind in Arbeit. Bis ich also für alle Eventualitäten gerüstet bin, muss ich Geduld bewahren. Das kann nämlich dauern. Aber egal: ohne Fleiß, kein Preis. Wer nicht guckt, bleibt dumm. Und wird seinen Entführer nie entlarven können.

P.S.: Wer in diesem Text – trotz aller Bewunderung für die Geistesgegenwart der Elfjährigen – Ironie findet, darf sie behalten.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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