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Elfen wehren sich… und böse Geister schlagen zurück (21. April)

Schlechte Stimmung, miese Gedanken, schlechtes Arbeitsklima in den Amtsstuben, dass der Amtsschimmel nur so wiehert? Kein Problem, all dies endgültig wegzubekommen. Denn all das ist „Negative Energie“. Und die kann man mit ein paar kleinen Tricks beseitigen kann. Wirkungsvoll. Und vor allem: endgültig!
Zumindest dachte sich das ein Verwaltungsdirektor auf Grönland. Konsequent engagierte er einen Eskimo-Heiler. Dessen Auftrag:

die negative Energie einzufangen und zu entfernen. Ich stelle mir das ähnlich wie ein großes Ausräuchern der Amtsstuben vor. So wie meine Oma Mottenkugeln in den Schrank gepackt hat, damit sich die Tierchen und ihre Brut von Omas geliebten Blusen fernhielten. Wie der Eskimo-Heiler genau vorgegangen ist, weiß man nicht. Alles streng geheim. Und natürlich der Sachlage angemessen: nicht ganz preiswert.
Andere Länder, andere Sitten! Grönland, der hohe Norden Europas. Da sind die alten Mythologien noch viel tiefer verwurzelt als hier bei uns im abgeklärten Mitteleuropa.

alles Zufall. Oder was?

Was auch eine andere Geschichte zeigt: Wenn bei uns eine Straße überflutet wird, finden wir dafür sofort eine schnell nachvollziehbare Erklärung. Wenn sich wenig später an derselben Stelle ein Bauarbeiter verletzt und Maschinen ihren Dienst versagen, lässt uns das die Stirne runzeln. Wenn anschließend noch ein Journalist an der betreffenden Stelle in eine Matschgrube fällt, aus der er mit eigenen Kräften nicht mehr herauskommt, müssen wir lachen. Befremdlich finden wir so etwas vielleicht auch. Ein kurzes Schulterzucken. Das war’s. Denn es gibt nun mal nichts, was es nicht gibt. Alles schon passiert.
Auch auf Island. Und zwar genauso, wie ich das soeben dargestellt habe:

zuerst eine Überflutung der Straße, dann aus heiterem Himmel ein Unfall eines Bauarbeiters, anschließend der Ausfall robuster Maschinen und zu guter Letzt noch der Sturz des Reporters. Was bei uns „als Reihung merkwürdiger Zufälle“ abgetan würde, fand auf Island sofort eine andere Erklärung. Die meisten Isländer waren davon überzeugt: In diesem speziellen Fall haben Elfen ihre Hand im Spiel. Eindeutig!

Nordische Mythologie

Die Vorstellung von Elfen, Feen, Gnomen und Trollen ist auf Island so weit verbreitet, dass die isländische Zeitung Morgunbaldit sofort über die Reihung von Pleiten, Pech und Pannen ausführlich berichtete. Also über den Aufstand der kleinen Naturgeister der nordischen Mythologie. Natürlich lieferte das Presseorgan auch gleich die notwendigen Details mit: Straßenarbeiter hatten versehentlich einen Felsen zugeschüttet, der nach alter Überlieferung als heiliger Ort von Elfen gilt. Und die hätten sich nun vehement gegen den vermeintlichen Angriff auf ihren Elfenfelsen gewehrt. Sie ahnen schon, was nun kommt: Die Straßenarbeiter mussten „auf behördliche Anweisung“ den zugeschütteten Felsen wieder freilegen. Seitdem hat sich im Elfenterritorium kein einziger besonderer Vorfall mehr ereignet. Na also: Geht doch!

Wer will, kann über solch eine Geschichte schmunzeln. Lachen sollte man darüber aber nicht. Auch wenn es in meiner Vorstellung keine Elfen, Feen, Gnome und Trolle gibt, erst recht keine bösen Geister. Für mich sind böse Geister allenfalls Menschen, die anderen Menschen Böses tun. Die können schon eine Plage sein. Mottenkugeln schaffen da leider keine Abhilfe.
Trotzdem zeigen die beiden Vorfälle aus dem hohen Norden deutlich, dass es Menschen gibt, die es mit ihrem Brauchtum, mit ihrer Religion ernst meinen. Und in allem, was passiert, ein Wirken von Gottheiten, unbekannten Mächten oder was auch immer vermuten. Um mit diesen Wesen aus einer anderen Welt im Reinen zu sein, stellen diese Menschen „weltliche Dinge“ hintan. Buddeln also einen alten Felsen wieder aus. Meinetwegen. Wenn es dem Weltfrieden dient!

Mythologie und Weltfrieden = Umweltschutz?

Weltfrieden? Völlig überzogen? Vielleicht auch nicht. Denn ausgerechnet an dieser Stelle sind wir abgeklärten Mitteleuropäern von diesen Menschen doch nicht so weit weg, wie wir auf den ersten Blick vielleicht meinen. Zwar denken wir dabei weniger an Wesen aus einer anderen Dimension, dafür aber umso mehr an Wesen aus unserer Welt. Auch wir lassen wir uns die Umsiedlung einer Eidechsenpopulation schon mal 15 Milliönchen kosten – auch wenn wir gar nicht wissen, ob die Eidechsen nicht nach ein paar Tagen wieder in ihre alte Heimat zurückkehren. Gut, die ist bis dahin weggebaggert und schon zubetoniert. Dann sind sie eben selbst schuld. Schließlich bieten wir ihnen doch ein neues Zuhause. Mehr können wir nicht tun. Und, keine Frage, Eidechsen sind ja auch keine Elfen. Sonst würde die Sache womöglich sofort gefährlich.

15 Millionen und deutsche Spießer-Gartenidylle

Damit keine Zweifel aufkommen. Auch wenn ich altes Lästermaul mich mal wieder amüsiere, bei 15 Millionen Euro für 3.000 Eidechsen, die eh machen, was sie wollen, auch meine Fragen habe: Gefährlich würde die Sache auch, wenn man die Eidechsen einfach mit wegbaggern würde. So wie noch vor ein paar Jahrzehnten. Heute sehen wir, welche Probleme die rücksichtslose Verminderung der Arten, ja, insgesamt die Zerstörung der Umwelt mit sich bringt. Dabei will ich gar nicht auf die großen Sauereien gucken. Die kleinen Verständnislosigkeiten reichen schon. So haben zum Beispiel Bekannte im letzten Jahr ihre Obstbäume umgehauen. „Bringt ja doch nichts mehr“, so die resignierte Antwort auf meine Frage. Na ja, wäre ich eine Biene, eine Hummel, ein Schmetterling oder irgendein anderes Insekt, würde ich mich auch nicht in eine Siedlung verirren, in der es von nackten Rasenflächen nur so wimmelt, wo Lorbeerbüsche, Fichten und Zwergkiefern schon eine Auflockerung im Gegensatz zu den übrigen Kiesgärten darstellen. Ganz wenige Blumen gibt es. Aber die sind gezüchtete, gefüllte Sorten, bieten Insekten kein bisschen Nahrung. Leute wie meine Bekannten trimmen ihren Rasen auch mit der Nagelschere, ballern jede Menge Gifte gegen Unkräuter in den Boden und sind anschließend über jedes Gänseblümchen mehr als erzürnt. Da ist es nur folgerichtig, dass auch Obstbäume hier nichts mehr verloren haben. Zum Bestäuben und Befruchten kommt eh niemand mehr vorbei. Deutschland, deine Siedlungsgärten und -vorgärten: Ich liebe euch! Wer in seinem privaten Umfeld, also im Kleinen so denkt und handelt, muss sich über intensive Landwirtschaft auch nicht mehr aufregen.

Unbenannte Mächte vs der eigene Verstand

Sorry, ich schweife schon wieder ab. Eigentlich wollte ich ja noch etwas loswerden über die Menschen, die auch bei uns der Meinung sind, durch magische Formeln und Rituale negative Kräfte bannen zu können: Das, was der Volksmund über Jahrhunderte als Aberglauben bezeichnet hat, erlebt bei uns seit Jahren eine neue Konjunktur. Wahrscheinlich hat das etwas damit zu tun, dass man als Mensch ja an irgendetwas glauben muss. Meinetwegen auch daran, dass es nichts gibt, woran sich zu glauben lohnt. Für mich steht zumindest fest: Je weniger der Mensch hat, an dass er glauben kann, desto krampfhafter sucht er nach etwas. Wie wollen wir kleinen Lichter des Kosmos den ansonsten damit klarkommen, dass es unendlich viele Dinge gibt, die wir noch nicht einmal denken, nicht begreifen können?
Gebt Gedankenfreiheit, Sire – Worte, die Friedrich Schiller in seinem Don Carlos dem Marquis Posa gegenüber dem Beherrscher der Welt, Philipp II., in den Mund legt. Ja, bitte. Und haben wir den Mut uns unseres eigenen Verstandes zu bedienen, wie Immanuel Kant das schon vor bald 300 Jahren von uns verlangt hat. Bitte des eigenen Verstandes! Nicht dem, was uns facebook und Co. als Verstand vorgaukeln und was viel zu viele Zeitgenossen verständnislos (!) nachplappern. Facebook und Co. sind ok. aber sie sind nicht alles. Beim eigenen Denken dürfen durchaus auch einmal Ergebnisse herauskommen, die man anderswo nicht versteht. (Was nicht bedeutet, dass ich dann hergehen darf und mir das Verständnis mit Gewalt erzwinge, wie das immer häufiger geschieht. Gewalt ist meistens nur ein Zeichen dafür, dass der Verstand nicht dazu ausreicht, ein Problem zu lösen…)

eindeutige Wirkung

Na gut, ich würde nun sicher keine Felsbrocken wieder ausgraben, nur damit die Elfen endlich Ruhe gäben. Schließlich will ich mich nicht von irgendwelchen Mächten und Kräften abhängig machen, die angeblich an mystischen Orten lauern und mir gefährlich werden können, wenn ich sie nicht durch irgendwelche Rituale besänftige. Nein, danke, das passt nicht in mein Weltbild. Wobei mich die Sache mit dem Verwaltungsdirektor auf Grönland und seinem Eskimo-Heiler dann doch wirklich nachdenklich macht. Schon nach wenigen Tagen stellte sich in seinen Amtsstuben nämlich eine erste Wirkung ein: Da entließ nämlich der dänische Ministerpräsident seinen Verwaltungsleiter auf Grönland – wegen des Unfugs mit dem Eskimo-Heiler.

Und jetzt? Was will ich Ihnen sagen? Mir würde schon reichen, dass Sie sich an Kant orientieren und sich nach diesem Text Ihres eigenen Verstandes bedienen. Und wenn Sie der zu Elfen, Feen, Gnomen und Trollen führen sollte – meinetwegen auch das. Vielleicht sind diese Gedanken ja etwas, was im Sinne des berühmt-berüchtigten Schmetterlingseffekts sogar zum Weltfrieden beiträgt.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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