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„Die Sendung mit der Maus“ wird 50 (7. März)

„Na sasa inakuja maandishi juu ya onyesho na panya na tembo.“ Keine Ahnung, ob „Die Sendung mit der Maus“ auch in Suaheli, Kiswahili oder Swahili ausgestrahlt wird – alles drei übrigens Begriffe für dieselbe Sprache. Keine Ahnung also, ob überhaupt in Kenia, Tansania, Mosambik, Somalia, Burundi, ob im Kongo oder Oman, also dort, wo sich bis zu zehn Millionen Menschen in dieser Bantusprache unterhalten, die Sendung mit der Maus gezeigt wird. Wohl eher nicht. Aber der Satz „Na sasa inakuja maandishi juu ya onyesho na panya na tembo“ könnte ja auch zu Beginn einer deutschen Ausgabe der „Sendung mit der Maus“ stehen. Und aus dem Off

würde dann eine Stimme sagen: „Das war Suaheli“. Oder eben vielleicht auch „Kiswahili“ oder „Swahili“. Was allerdings nicht ganz stimmt. Denn wörtlich übersetzt heißt der Satz: „Nun kommt ein Text über die Sendung mit der Maus und dem Elefanten.“ Und in diesem Text sind Sie ja nun sozusagen schon „mittendrin, statt nur dabei“ – auch wenn dieser Spruch mit der Maus nun aber wirklich überhaupt nichts zu tun hat.

Das wissen Sie natürlich. Und Sie wissen auch: Heute vor genau 50 Jahren erblickte die Maus das Licht der Welt. Und deshalb erst einmal: herzlichen Glückwünsch zum Geburtstag.

Entwickelt wurde das Sendeformat bereits 1970. Gert Kaspar Müntefering, Siegfried Mohrhof, Monika Paetow und Armin Maiwald, letzter bis heute im Team, lieferten die ersten Ideen, die Grafikerin Isolde Schmitt-Menzel steuerte die orangefarbene Maus-Illustration bei, der Zeichentrickfilmer Friedrich Streich setzte sie augenklimpernd in Szene. Am 7. März 1971 erfolgte dann die TV-Premiere, damals noch unter dem Titel „Lach- und Sachgeschichten“. Obwohl es Kritiken hagelte, kam die Maus so gut an, dass sich 1972 der Titel änderte: „Die Sendung mit der Maus“ war geboren. 1975 wurde der blaue Elefant („pruuuust!“) integraler Bestandteil, ein Dutzend Jahre später, 1987, komplettierte die gelbe Ente das Dreamteam gut gemachter Unterhaltung mit Nährwert nicht nur für Kinder. Dass die Ente zwar nicht fliegen kann, aber ständig Unfug anstellt, gehört seit ihrem ersten Erscheinen zur klaren Rollenverteilung. Bis allerdings Käpt’n Blaubär und Hein Blöd sowie Shaun das Schaf und Peppa Wutz über die Bildschirme flimmerten, dauerte es noch etwas. Bis dahin hatten clevere Erfinder den Bildschirmen das Flimmern längst abgewöhnt.

Abgesehen von einem engagierten Team vor und hinter der Kamera ist „Die Sendung mit der Maus“ vor allem aus einem Grund ein Dauerbrenner: Sowohl die Lachgeschichten wie auch die Sachgeschichten sind immer leicht verständlich. Damit das gelingt, bedienen sich die Maus-Macher nicht etwa einer falsch verstandenen „Babysprache“, verwenden kein Hei-tei-tei und Wah-ba-wah. Im Gegenteil: Maus, Elefant und Ente sind sogar völlig stumm, agieren allenfalls nonverbal. Und das ist auch gut so. Denn so können sie kaum missverstanden werden. Klar, dass das bei den Sachgeschichten zumeist anders ist. Trotzdem: Die große Stärke der Sendung sind neben einer reduzierten, gut verständlichen Sprache die vielen, geschickt gesuchten

Analogien. Das, was dann später in der Schule „Transferleistung“ heißt, haben nämlich auch schon Kinder drauf. Auch kleine. Und deshalb kann man der Sendung mit der Maus durchaus bescheinigen, journalistisch tätig zu sein, so wie Macher Armin Maiwald das auch selbst sieht.

Von Beginn an also haben sich die Macher der Maus eine kindgerechte Vermittlung von Sachverhalten mit journalistischem Anspruch auf die Fahnen geschrieben. Prädikat: mehr als gelungen. Kinder, aber auch Hunderttausende Eltern und Großeltern schauen begeistert zu. Und, wer es noch nicht wissen sollte: Man muss keine Kinder oder Enkel haben, um an der Maus Spaß zu haben und sogar als älterer Mensch noch etwas zu lernen. Was man als erstes lernt: Es gibt keine blöden Fragen. Alles kann man durchleuchten, auch Dinge, die für andere vielleicht völlig klar sind. Warum kippt mein Fahrrad nicht um? Wohin ziehen eigentlich die Zugvögel? Wie wird ein ICE gebaut? Oder ein Feuerwehrauto? Wie entsteht ein Kaugummi? Und wie kommen die Löcher in den Käse? Gab es die Varusschlacht wirklich? Und wenn ja, was war das eigentlich? Alles ist wichtig, über alles kann man nachdenken. Auch darüber, wie Legosteine entstehen, Münzen und Banknoten hergestellt werden oder, eines meiner persönlichen Highlights, wie die Streifen in jene Zahnpasta kommen, die wir zu Hause schon lange nicht mehr benutzen. Wer über Jahre die Maus verfolgt, der wird feststellen, dass sich die Themen verändert haben: Ging es früher um basale Fragen wie die Herkunft von Brot und Milch, geht es heute auch schon einmal darum, wie eine Cloud funktioniert. Und das ist, auch wenn man es kaum glauben will, für die Kinder von heute eine ebenso grundsätzliche Frage. Großartig, dass die Maus-Macher auch politische Verantwortung übernehmen: So begleiteten sie ein syrisches Flüchtlingskind bei seinen ersten Schritten in unserem Land.

Welche Themen also dürfen in der Maus vorkommen? Klare Antwort: Alle!
Was ist die Maus nie? Moralin-sauer.
Alles ist so einfach zu erklären, wenn man denn will. Außer Krieg. Für Armin Maiwald so etwas wie ein Streit um Förmchen im Sandkasten, nur viel, viel größer, wie er in einem Interview sagt. Eine Erklärung, die der Maus-Redaktion aber immer noch nicht einfach genug erschien, so dass das Thema Krieg bislang bei der Maus „auf Eis liegt“. Aber genau das ist „Das Prinzip Maus: Die Kunst, einfach zu erklären“. Wundert Sie es, dass Erwachsenenkurse, abgehalten von Maus-Macher Christoph Biemann, genau diesen Titel tragen? Vermutlich nicht.

Bleiben wir einen Moment bei den Machern der Maus: Mann der ersten Stunde bei der Maus ist Armin Maiwald. Nach kurzer Zeit stieß Christoph Biemann zum Team. Seit längerem ist ein Verjüngungsprozess der Maus-Macher eingeleitet. Nach Jahren bei „Wissen macht Ah!“ hat Ralph Caspers seit 1999 eine neue Aufgabe gefunden; seit 2014 erklärt auch Siham El-Maimouni Kindern die Welt. Und weil wir gerade beim Erklären sind: Ihr Vorname bedeutet in der Sprache marokkanischer Berber „Liebespfeil“, während der Nachname von einem deutschen Beamten frei erfunden wurde. Und zwar als Sihams Vater 1960 – wie in seiner Heimat üblich ohne Nachnamen – als Gastarbeiter nach Deutschland kam. Übrigens: Sihams Mutter hat im berberischen Vorspann einer Maussendung den fremdsprachigen Teil übernommen… Auch André Gatzke sollte nicht unerwähnt bleiben: Der übernimmt immer mal wieder die Aufgabe von Christoph Biemann und ist für „Die Sendung mit der Maus“ bei Reportagen im Einsatz. Haben wir jemanden vergessen? Hoffentlich nicht.

Wenn wir an dieser Stelle auch einmal Kritik äußern dürfen: Bislang hat es die Maus versäumt zu erklären, was es mit Christoph Biemanns grünem Pullover auf sich hat. Hier springen wir ein: Als sich 1988 ein Dreh in einem Atomkraftwerk über mehrere Tage hinzog, musste Christoph, wie wir ihn schon Jahrzehnten liebevoll nennen, seinen grünen Pullover an allen Drehtagen anziehen. Ein Kleidungswechsel wäre im kurzen Mausfilm nicht vermittelbar gewesen. Die Konsequenz: Von nun an zog Christoph seinen grünen Pullover auch in weiteren Mausfilmen immer wieder an. Ein Kultobjekt war geboren. Und so könnte Christophs grüner Pullover doch gut dazu dienen, einmal zu erklären, wie ein Kultobjekt überhaupt entsteht. Auch wenn wir das nun gemacht haben: Wenn in der „Sendung mit der Maus“ darüber ein Film gezeigt würde, wäre der allemal schöner als unser Text.

Bleibt zum Schluss noch anzumerken: Schon 1992 flog die Maus mit Klaus-Dietrich Flade und 2014 mit Alexander Gerst zu den Weltraumstationen MIR bzw. ISS. Als die Deutsche Post 1998 in der Reihe „Für die Jugend“ einen Satz mit Trickfilmfiguren herausgab, war – neben dem Sandmann, der Biene Maja und Pumuckl – auch eine Briefmarke mit der Maus, der Ente und dem Elefanten dabei sowie eine weitere mit Hein Blöd, Käpt‘n Blaubär und seinen drei Enkeln, den Bärchen Gelb, Grün und Rosa. Völlig zu Recht erhielt die Maus 2019 im Schloss Bellevue von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einen „Mausverdienstorden“. Zum 1. März dieses Jahres, also passend zum 50. Geburtstag, verewigte die Post erneut Maus, Elefant und Ente auf einer Briefmarke. Klar, dass die Maus dieses Ereignis zum Anlass nahm, um bei der Briefmarkenproduktion hautnah dabei zu sein. Nun gilt es, eine Auflage von 65 Millionen Stück zu verkleben und die Maus noch ein bisschen bekannter zu machen – wenn das denn überhaupt geht. Dabei ganz sicher NICHT helfen wird eine Gedenkmünze im Wert von 20 Euro. Die kann zwar als reguläres Zahlungsmittel verwendet werden, dürfte aber ausschließlich in Sammelalben und Schatullen verschwinden.

So kann man nur hoffen, dass den Machern der Maus die Ideen nicht ausgehen. Eine Idee können wir noch zuliefern: Die Pressestelle der Deutschen Post stellt in ihrer Presseerklärung zur Briefmarke fest, dass die „Sendung mit der Maus“ genau jene „Fragen beantwortet, die kleinen und großen Zuschauerinnen und Zuschauern unter den Nägeln brennen“. Die Sendung mit der Maus wäre geradezu prädestiniert in wunderschönen Bildern zu zeigen, warum es nicht „unter“, sondern „auf“ den Nägeln heißt. Und weshalb man unbedingt zum Arzt gehen sollte, wenn es wirklich einmal „unter den Nägeln brennt“. Da würde sogar die Deutsche Post noch etwas dazulernen

NACHTRAG:
50 Jahre – das kommt so schnell nicht wieder. Das darf man auch mal feiern. Das muss man sogar feiern. Wobei man aber gerade bei der „Sendung mit der Maus“ beachten sollte: Nur 30 Minuten dauert die sonntägliche Zusammenstellung der Lach- und Sachgeschichten – irgendwie ist das immer viel zu kurz. Vor allem so kurz, dass man sich schon während der Sendung auf die nächste Sendung freut. Der WDR, gestern Abend verantwortlich für die „große Jubiläumsfeier“ in der ARD, hätte sich daran ein Beispiel nehmen können. Eckhart von Hirschhausen, schon im Trailer im clownesk anmutenden Frack zu sehen, moderierte, Mark Forster präsentierte 25 Jahre nach Stefan Raabs Maus-Song einen Nachfolger und konnte sich nicht verkneifen, gegen Günther Jauch mit „Frag doch mal die Maus“ einen Riesenlacher – oder auch nicht –loszuwerden. Dank vieler Erinnerungen an 50 Jahre Maus wurde diese Geburtstagsfeier über weite Strecken kurzweilig – aber eben nur über weite Strecken. Und wie das Wort „weit“ bei „weite Strecken“ schon deutlich macht: Die Feier war alles andere als kurz. Im Gegenteil. Dabei exerzieren die Maus-Macher sein nunmehr 50 Jahren vor, warum die Maus so erfolgreich ist: In der Kürze liegt die Würze! Weniger ist meistens mehr. Und bevor man einer Sache überdrüssig wird, oder anders formuliert: Wenn es am schönsten ist – dann soll man aufhören. (Okay, das müssen wir bei unserem nächsten Text auch noch üben…) So wäre das sinnvolle Ende bei der vorgezogenen Geburtstagsfeier für „Die Sendung mit der Maus“ bereits um… wie viel Uhr gewesen?

Decken wir den Mantel der Barmherzigkeit darüber. Es wäre auch nicht der Rede wert gewesen, wenn nicht die ARD bereits am Freitagabend demonstriert hätte, wie man es grandioser kaum machen kann: da moderierte doch tatsächlich Dauerbrenner und Maus-Erfinder Armin Maiwald die Tagesthemen mit Pinar Atalay an; und die Journalistin begrüßte kurz danach ihre Zuschauer auf Türkisch, genauso, wie wir das von den sonntäglichen Mausfilmen kennen: Indem Frau Atalay nämlich nachschob: „Das war Türkisch!“ Auch wenn wir darauf selbst gekommen wären, war das einfach nur großes Kino! Dass dann die Maus auch noch Gegenstand der Tagesthemen wurde, versteht sich da irgendwie von selbst. Noch einmal: Klasse!

Bleibt zu wünschen, dass es die Maus auch noch in vielen, vielen Jahren gibt. Denn die ist das Beste, was Deutschlands Fernsehen für Kinder, Jugendliche, Junge, Junggebliebene und Alte zu bieten hat. Happy Birthday, Maus! Alles Gute zum Geburtstag. Und weiterhin den Machern ganz viel Schaffensfreude.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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