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3. Januar: Schadenfreude

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige persönliche Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? In der Rubrik „Auch das noch“ befinden sich (leicht überarbeitete) Skripte von Beiträgen, die ursprünglich im öffentlich-rechtlichen und im privaten Rundfunk gesendet wurden. Und manchmal wurden sie sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

Zum Beispiel am 3. Januar: Schadenfreude

Der Berliner Liedermacher Ulrich Roski ist heutzutage vielen kein Begriff mehr. Vor allem in den 1970er und 1980er Jahren hielt er mit Witz, Poesie, Ironie und oft genug beißendem Humor seinen Zeitgenossen den Spiegel vor. Die mussten oft genug schlucken, wenn sie sich dank Roskis Lieder bei ihren eigenen Unzulänglichkeiten ertappten. Roski ist lange tot – sehr schade. Und auch wenn viele ihn und seine Lieder nicht mehr kennen: Beide haben bis heute nichts an Aktualität verloren. Zum Beispiel sein Stück über Schadenfreude. Darin heißt es in der Schlusszeile des Refrains: „Aber komisch ist es schon, wenn jemand auf die Schnauze fällt.“ Roskis „Aber“ und die verschiedenen Strophen signalisieren: Schadenfreude ist kein schöner Charakterzug. Und trotzdem hat ihn fast jeder.
An Roskis Lied musste ich spontan denken, als ich eine Schlagzeile las: „Besitzer will Welpen töten: Hund schießt zurück!“
Was war passiert? Weil er sieben Hundewelpen nirgendwo unterbringen kann, will sie ein Hundebesitzer kurzerhand erschießen. Ohne eine Alternative zu sehen, müssen bereits die ersten drei Tiere dran glauben. Welpe Nummer vier scheint den Braten zu riechen und will entwischen. Schnell greift der Mann zu, packt den Vierbeiner… und der kommt strampelnderweise mit seiner Pfote an den Abzug der Waffe. Die Kugel durchschlägt nicht nur das Handgelenk des Tierbesitzers, sondern bringt ihm, weil der Notarzt die Polizei alarmiert, auch noch eine Anzeige wegen Tierquälerei ein. So weit, so gut.
Für mich bleiben eine Reihe von Fragen offen: Gibt es wirklich

keine andere Möglichkeit, als Hundebabys abzuknallen, wenn man keine Verwendung für sie hat? Sind die ethischen und moralischen Ansprüche Einzelner so niedrig, dass sie vor lebenden Geschöpfen keinerlei Achtung oder Ehrfurcht haben? Und wieso kommt eigentlich jemand mir nichts, dir nichts an eine Schusswaffe?
Natürlich weiß ich nicht erst seit Ulrich Roski, dass das Wort „Schadenfreude“ negativ besetzt ist. Der biblische Prophet Obadja mahnt ausdrücklich: „Sei nicht schadenfroh am Tag deines Bruders, am Tag seines Unheils.“ Aber wenn ich an den angeschossenen Hundekiller denke, summt irgendjemand ganz zufrieden in meinem Kopf dieses Lied von Ulrich Roski: „Komisch ist es schon, wenn jemand auf die Schnauze fällt…“ Und ich weiß: Ich muss noch gewaltig an mir arbeiten. Aber erst, wenn es sich ausgesummt hat.

Kommentare

2 Kommentare

Dave

Ich freue mich immer, wenn jemand an den großen Ulrich Roski erinnert. Er war immer geistreicher als sein Weggefährte Reingard Mey und vor allem: viel witziger. Und auch zu Hunden pflegte er ein gesünderes Verhältnis, im „Pudels Kern“ aß er lieber „Pilze aus der Dose“ und ging „Zwergpudeln aus dem Weg“. Abgeknallt hat er sie (Gottseidank) nicht.

3. Januar: Schadenfreude – HeavenOnAir – Christliches in Rock und Pop

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