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2. Januar: Fenster schließen

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige persönliche Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? In der Rubrik „Auch das noch“ befinden sich (leicht überarbeitete) Skripte von Beiträgen, die ursprünglich im öffentlich-rechtlichen und im privaten Rundfunk gesendet wurden. Und manchmal wurden sie sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

Zum Beispiel am 2. Januar: Fenster schließen

Auch wenn es schon etliche Jahre her ist: An diese Situation erinnere mich noch ganz genau. Und sehe mich noch wie heute: Ich sitze vor dem PC, arbeite mit etlichen Dateien und verschiedenen Programmen gleichzeitig, noch ein einziger Klick… aber nichts geht mehr. Lediglich eine eingeblendete Sanduhr signalisiert: Das Betriebssystem kommt aufgrund zu vieler geöffneter Dateien und Programme, den sogenannten Fenstern, nicht mehr mit. Damals, bei seiner Einführung, machte genau das Windows so revolutionär: Erstmals konnten Anwender mehrere Dokumente und Programmen nebeneinander benutzen. Doch selbst heute gibt es Grenzen. Jedes geöffnete Programm kostet Rechnerleistung. Und irgendwann signalisiert unerbittlich, vielleicht nicht mehr die Sanduhr, aber die Geschwindigkeit des Computers: zu viele geöffnete Fenster! Die Konsequenz: Selbst das, was mir gerade wichtig ist, woran ich eigentlich arbeiten will, ist jetzt für mich unerreichbar. Das ganze System hängt.

Im richtigen Leben ist das genau so. Allzu oft schleppe ich Dinge mit mir herum, die nur irgendwo im Hinterstübchen schlummern, aber trotzdem belasten! Dachboden aufräumen, Hemden aus der Reinigung holen, Unerledigtes vom Schreibtisch schaffen, Unnützes wegwerfen. Tue ich das nicht, lähmen die unerledigten Kleinigkeiten den Blick für die wichtigen Dinge: zum Beispiel dringend notwendige Kontakte erneuern, Beziehungen wieder aufleben lassen, mit denen ins Reine kommen, die ich im Stress des Alltags vernachlässigt habe. Mein Verhältnis zu Familie, Freunden und Bekannten, auch mein Verhältnis zu dem, was mir Kraft gibt und eine Hilfe ist.

Ich gebe zu: Diese einfache Computerweisheit tatsächlich auf mein Leben zu übertragen, fällt mir schwer. Denn natürlich macht es Spaß, jede Menge Dinge gleichzeitig zu tun, als Genie das scheinbare Chaos zu beherrschen oder, wie das heute so schön heißt, multitaskingfähig zu sein. Aber dennoch werde ich es versuchen: Offenes erledigen, Fenster schließen und dann mit dem hoffentlich bald hereinbrechenden Frühling offen für neue Dinge zu werden. Die Zeit jetzt, nach dem Jahreswechsel ist eine gute Zeit dafür. Noch wehrt sich der Bauch, aber mein Kopf sagt schon längst: Wer seine Chancen verpasst, dem zeigt das Leben irgendwann gnadenlos die Sanduhr.

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