Hoizier – Take Me To Church
20 Kilometer südlich von Dublin, rund 26.000 Einwohner, ein Meeresmuseum, ein ganz passabler Badestrand: Kennzeichen der südirischen Küstenstadt Bray. Wer hier aufwächst, ist vor allem eines: umgeben vom katholischen Glauben. Allenfalls im Vatikan ist der Katholizismus so präsent wie in Irland – und damit auch in Bray.
Kein Wunder also, dass Andrew Hozier-Byrne sein Musikstudium in Dublin am Trinity College, also dem Heilig Geist-College, aufnimmt. Dort macht er aus Popsongs Orchesterwerke. Bis alles ins Gegenteil umschlägt: Ausgerechnet ein paar Bluessongs schickt er an eine Plattenfirma… und regt sich in seiner ersten Single… ausgerechnet über die Kirche auf. „Take Me To Church“ nennt Hozier sie – und schon die Titelwahl ist beißend-ironisch. Und bitterböse ist auch der Text:
„Meine Freundin hat ihren eigenen Humor. Sie kichert sogar auf einer Beerdigung,
obwohl sie weiß, dass alle darüber den Kopf schütteln.
Ich hätte sie schon eher verehren sollen!
Wenn der Himmel je zu uns gesprochen hat, dann ist sie sein letztes Sprachrohr.
Jeden Sonntag düstere Bilder, jede Woche ein neues Gift.
„Wir wurden als Sünder geboren“, wird gesagt.
Wenn ich meine Sünden beichte, dann kannst du schon mal das Messer wetzen!“
So revoltiert einer, dem die froh machende Botschaft des Christentums
immer nur als Drohbotschaft vermittelt wurde. Dem gesagt wurde, was er tun und was er zu lassen hat. Der Kirche nur destruktiv, nur als Spaßbremse erfahren hat. Und nie erleben durfte, dass der Glaube an einen gütigen Gott frei machen kann, positiv auf das Leben Einfluss nehmen kann. Aber der Song ist noch mehr: Durch seinen Videoclip wird er zur Absage an alle, die andere in ihrer Sexualität bevormunden. Und ihnen Schuldgefühle vermitteln. Ein Aufschrei angesichts einer irischen Kirche, die zuletzt mit immer neuen Fällen von sexuellem Missbrauch zu kämpfen hatte.
Und dennoch lässt der Song die Hoffnung offen, eine bessere Kirche zu finden. Eine, die den weniger vorschreibt, wie sie ihr Leben zu leben haben, die ihnen mehr Freiräume lässt. Dass könnte dann vielleicht sogar eine Kirche sein, die selbst Hozier akzeptierenwürde. Und von der er dann ernsthaft und eben nicht ironisch sagen könnte. Nimm mich mit in die Kirche. Take me to Church!
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