Rolling Stones, The – Beast Of Burden
Im Herbst 1961 wartete ein Student der Politik und Wirtschaftswissenschaft auf den Zug. Zufällig am Bahnsteig: ein Kunststudent, wie erstgenannter aus Dartford in der an London angrenzenden Grafschaft Kent. Aus der Zufallsbegegnung wurde eine intensive Zusammenarbeit.
Dienstälteste Rockband der Welt
1962 traten die beiden Studenten mit vier weiteren Kumpels ihren Dienst an. Und die beiden ehemaligen Studenten, niemand anderer als Mick Jagger und Keith Richards, rocken bis heute. Obwohl ihre Mitstreiter längst gewechselt haben, gelten die Rolling Stones als die mit Abstand dienstälteste Rockband der Welt.
Schwierige 1970er
Totgesagt waren Mick Jagger und Co schon mehr als einmal. In den 1970ern hatten sie eine schwierige Phase zu überstehen: Die Band war durch die aus dem Boden schießenden Punkbands in den Status von Altherrenrockern geschlittert und musste dem unbedingt etwas entgegensetzen, hatte Probleme mit der Steuer und es knallte immer wieder heftig zwischen den Musikern, was nicht zuletzt auch daran lag, dass Keith Richards – zumindest gefühlt – alles konsumierte, wovon man besser die Finger lässt.
Anklage wegen Drogenbesitz
Und das in Übermengen. Dummerweise war Keith zudem im Februar 1977 in Toronto wegen Drogenbesitz verhaftet worden. Sieben Jahre Knast standen im Raum, als sich die Stones im Herbst 1977 in den Pathé Marconi Studios in Paris für die Aufnahmen zu „Some Girls“ zusammenfanden. Die Last, dass es – wegen Keith – möglicherweise das letzte Album der Band sein könnte, war erdrückend.
Jagger ungewollt Chef
Weil Keith Richards völlig neben der Spur war, war Mick Jagger ungewollt in die Rolle des alleinigen Chefs gerutscht, trug somit die Verantwortung für die Band allein. Als die Stones dann endlich mit der Arbeit am neuen Material begannen, rückte das alles in den Hintergrund. Für das spätere „Beast Of Burden“ spielte Keith ein paar Licks und einen Rhythmus, Ron Wood stieg ein und auf wunderbare Weise kreuzten die beiden ihre Gitarren: Immer wenn Keith mit der Gitarre in den Tonfolgen nach unten ging, ging Ron mit seiner nach oben und umgekehrt. Als Keith Richards dann noch die Formulierung „Beast Of Burden“ als Kerngedanken für den Song in den Raum warf, improvisierte Mick Jagger einen Text.
Beast Of Burden
Und nach einigem Basteln und Feilen erblickte „Beast Of Burden“ das Licht der Welt.
„Ich werde nie dein Packesel sein.
Mein Rücken ist breit, aber er tut weh.
Ich bin meilenweit gelaufen und meine Füße tun weh.
Also lass uns nach Hause gehen und die Vorhänge zuziehen,
Musik aus dem Radio…
Alles, was ich von dir will, ist, dass du mit mir schläfst.“
Was nach Macho-Gehabe und schwacher Frau aussieht, ist laut Mick Jagger
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„Jede Frau kann sehen, dass gemeint ist, dass ich eben nicht möchte, dass eine Frau für mich auf die Knie geht“, so der Stones-Boss in einem Interview. Und Jagger schob bissig nach:
„Aber die Leute hören wirklich nicht zu, sie verstehen alles falsch.“
Rhetorische Ironie
Jagger hätte auch sagen können: Die Leute wissen nicht mit sprachlichen Stilmitteln umzugehen. In diesem Fall mit rhetorischer Ironie. Wer das Gegenteil von dem sagt, was man meint – ein sprachliches Mittel, will normalerweise besonders deutlich darauf hinweisen, was er eigentlich sagen will. Für „Beast Of Burden“ bedeutet das: Liebende teilen die Last des Lebens miteinander. Jeder trägt die Last des anderen, jeder wird mit all seinen Problemen durch den anderen getragen. Es handelt sich also um gegenseitige Liebe und Fürsorge, um gegenseitiges Geben und Nehmen.
Einer nehme des Anderen Last
Besonders spannend ist dabei die Vorstellung, dass jemand, der einem anderen Menschen eine Last abnimmt, sich dadurch auch von eigenen Problemen befreit. Im Song hört sich das so an:
„Ich sage: Du kannst mich auf die Straße setzen,
sogar ohne Schuhe an meinen Füßen.
Setz mich raus, befreie mich aus dem Elend.
Ich kann all deine kranken Züge runterschlucken.
Wirf alles auf mich. Ich kann damit umgehen.“
Verjüngung
Über den Song sagte Keith Richards später, er sei eine Art Verjüngung gewesen. In dem dunklen Moment, als ihm eine mehrjährige Haftstrafe drohte, die vielleicht das Ende der Stones bedeutet hätte, sei die Vorstellung, dass ein Mensch einem anderen die Last abnimmt, für ihn da ist, hilfreich und befreiend gewesen. Eine Art Lichtblick in der dunkelsten Stunde der Band. Und so befreiend, dass er, Keith, mit dem Song zu Mick Jagger sagen wollte:
„Okay, ich bin zurück. Also lasst uns etwas mehr von der Kraft und dem Gewicht teilen!“
Ein Konzert als Strafe
Übrigens: Keith Richards wurde in Kanada für schuldig befunden und verurteilt. Da er aber seine Drogenabhängigkeit seit langem behandeln ließ und der Richter „langfristige Verdienste für die Gemeinschaft“ als mildernde Umstände in Betracht zog, erhielt Keith lediglich eine einjährige Bewährungsstrafe verbunden mit gemeinnütziger Arbeit. Die bestand in einem Sonderkonzert für das Kanadische nationale Institut für Blinde. Eine Auflage, die die Rolling Stones – frei nach dem Motto „Einer trage des Anderen Last“ – im April 1979 gemeinsam erfüllten.
Der bei Classic Rock Radio gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.
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