Counting Crows – Mr. Jones
Was unterscheidet Künstler von Allerweltspersonen wie dich und mich? Beispiel: Zwei Kumpel gehen in einen Club, wo der Vater des einen mit seiner Band auftritt. Später am Abend sehen sie, wie ein Schlagzeuger aus einer anderen Band mit drei Groupies abhängt. Und sofort kommt dieses Gefühl hoch: Ach, wenn ich doch auch ein großer Rockstar wäre…
Der Geist ist willig…
Bei dem ein oder anderen mag das dazu führen, dass er in den nächsten Tagen eine Gitarre zur Hand nimmt und versucht, sich dem Dasein als Rockstar wenigstens ein bisschen zu nähern. Aber bei den meisten wird es dann biblisch, frei nach dem Motto: Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Und so findet der Anlauf, doch auch ein ganz großer Rockstar zu werden, ein jähes Ende.
…das Fleisch auch. Zumindest bei manchen Menschen
So oder ähnlich könnte es jedem von uns geschehen. Bei manchen Menschen allerdings ist das anders: Bei diesen Menschen führen derartige Alltagsbegegnungen dazu, dass irgendetwas in ihnen zu brennen beginnt. Etwas, das sie antreibt; das sie die erlebte Situation immer und immer wieder durchleben lässt. Und das dazu führt, dass sie eine unbändige Energie entwickeln. Dass sie dranbleiben, das Erlebte künstlerisch umsetzen… und in vielen Fällen etwas Geniales daraus machen.
Flamenco im New Amsterdam
Wie eben Adam Duritz und Marty Jones, damals beides Musiker der kurzlebigen Alternative-Formation „The Himalayans“ aus San Francisco. Die Zwei erlebten eines Abends tatsächlich die eingangs geschilderte Begegnung: Martys Vater, ein in Spanien erfolgreicher Flamencogitarrist, mit Band im New Amsterdam in San Francisco; ein Schlagzeuger, der mit drei Groupies abhängt; und Adam sowie Marty ziemlich frustriert, weil sie glaubten, sie würden schönen Mädchen niemals nahekommen. Wenn, ja, wenn sie nicht selbst Rockstars würden. Denn schließlich wird man als Rockstar von jedermann geliebt, so die Annahme.
Mr. Jones
Im Gegensatz zu Otto Normalverbraucher lässt dieses Erlebnis Adam Durvitz keine Ruhe. In einem Song verarbeitet er die Erlebnisse und Gedanken im Club. Und weil „The Himalayans“ sich überlebt hatten, spielen Adam und Marty den Song mit ihrer neuen Band ein. So wird „Mr. Jones“ zum größten Hit der „Counting Crows“. Adam Duritz singt wahrheitsgetreu:
„Ich war im New Amsterdam,
starrte dieses blonde Mädchen an.
Mr. Jones kommt ins Gespräch
mit einer schwarzhaarigen Flamenco-Tänzerin.
Sie tanzt, während sein Vater Gitarre spielt.
Sie ist plötzlich so schön.
Und wir alle wollen etwas Schönes!“
Und weiter heißt es:
„Mr. Jones und ich latschen durch die Straßen,
wieder mal hinter schönen Frauen her.
’Die da, die wäre genau richtig für dich.
Und irgendwo wird es auch eine für mich geben.’
Mr. Jones und ich sitzen vor der Glotze.
Wenn ich vor der Glotze sitze,
dann möchte ich mich selber sehen, wie ich mich anglotze.“
Immer auf der Suche
Emotional und verletzlich, ja, sogar mit einer drängenden Stimme trägt Adam seine Wünsche vor: Immer auf der Suche nach einem Menschen,
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„Ich wäre gerne jemand, der an etwas glaubt. Jemand, der nicht einsam ist.“
Dritte und erfolgreichste Single
Im April 1994 erscheint „Mr. Jones“ als dritte Single der Counting Crows, im September folgt mit „August And Everywhere After“ das erst Longplayalbum der Band. Der 5. April 1994 aber geht als besonderer Tag in die Rockgeschichte ein – ein Tag, der auch „Mr. Jones“ beeinflusst. Denn an jenem 5. April setzte Kurt Cobain, Frontman von Nirvana, seinem Leben ein Ende. Damit bekam auch Adam Duritz Wunsch, ein ganz großer im Rockbusiness zu werden, Risse. Plötzlich hatte er, der in einem religiösen Elternhaus aufgewachsen war, Angst, die Kontrolle über sein Leben zu verlieren. Und ganz nebenbei: Als Künstler war dies natürlich schon wieder eine Angelegenheit, über die sich ein großartiger Song schreiben ließ. In diesem Fall „Catapult“ vom Nachfolgealbum „Recovering The Satellites“.
Veränderter Text
Adam Duritz ging noch einen Schritt weiter: Er änderte den Text von „Mr. Jones“: Aus
„Wir alle wollen große Stars sein,
aber wir haben unterschiedliche Gründe dafür“
machte Adam bei späteren Live-Auftritten
„Wir alle wollen große, große Stars sein,
aber dann bekommen wir Zweifel daran.“
Und aus
„Wenn dich alle lieben, ist das manchmal das Geilste,
was es gibt“
wurde
„Wenn man von allen geliebt wird, ist das manchmal das Schlimmste,
was dir passieren kann.“
Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde…
Keine Frage: Hier hat ein Musiker erkannt, des es mehr im Leben gibt als die Welt des schönen Scheins, mehr als Berühmtheit und Erfolg. Dass dieses Mehr durchaus auf einer anderen Bewusstseinsebene liegen könnte, deutete Adam Duritz an, als er einmal gefragt wurde, woher er eigentlich seine Kreativität beziehe. Seine Antwort: Die sei „ein Geschenk Gottes“. Eine weitaus lyrischere Antwort gab Adam in einem anderen Titel vom ersten Counting Crows-Album „August And Everything After“, nämlich in „Rain King“ Dort heißt es:
„Wenn ich mir den Himmel vorstelle, dann tauche ich dort ein
in ein Meer aus Stiften und Federn.“
Alles andere als dumm: das Zählen von Krähen
Klingt zumindest spannend. Und tritt der landläufigen Behauptung entgegen, dass „counting crows“, also das Zählen von Krähen, etwas besonders Dummes und Unnützes sei. Das behauptet zumindest ein englischer Abzählreim, den die Band im Song „A Murder Of One“ auf ihrem ersten Album vertont. Und der, wie jeder Fan weiß, der Band ihren Namen gab.
Counting Crows – Mr. Jones
Der bei Classic Rock Radio gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.
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